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Rechte Bürgerwehren rüsten auf

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Büergerwehren im Allgäu ©Screenshots, Montage
Büergerwehren im Allgäu ©Screenshots, Montage

Mit vermeintlichen oder tatsächlichen Übergriffen wird gegen Asylsuchende gehetzt, woraufhin sich Bürgerwehren gründen und in Selbstjustiz vor allem Asylsuchende bedrohen. Wir haben einige aktuelle Beispiele aus einer Region herausgegriffen. Diese verdeutlichen das verheerende Potential, das der nach dem Silvesterabend ausgelösten Debatte innewohnt. Ein unsensibel geführter Diskurs wird weiter rechten Hetzern in die Hände spielen und die Zahl der Übergriffe – mindestens 122 im Jahr 2015 – auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte auch im neuen Jahr weiter in die Höhe treiben.

Seit den Vorgängen in der Silvesternacht in Köln, als massiv Übergriffe auf Frauen begangen und auch Asylsuchende als Tatverdächtige ausgemacht wurden, tobt eine breite Debatte über „vergewaltigende Asylanten“. In vielen Beiträgen werden Gewalt und Sexismus Geflüchteten insgesamt vorgeworfen – rechts außen kursiert der Begriff „Rapefugees“. Damit wird polemisiert und gehetzt.

Erfundene Vergewaltigungen

Doch nicht erst seit Silvester wird mit vermeintlichen oder tasächlichen Übergriffen durch Geflüchtete gehetzt. In Lindau am Bodensee etwa sei eine junge Frau von mehreren Personen attackiert und misshandelt, anschließend von zweien vergewaltigt worden, woraufhin sie stationär im Krankenhaus behandelt worden sei. So wurde es um Weihnachten auf Facebook verbreitet und sorgte für heftige Reaktionen. Die Polizei fand später heraus, dass der Vorfall frei erfunden war.

In Marktoberdorf tauchten nach dem Brandanschlag am zweiten Weihnachtsfeiertag Plakate auf, die ebenso verschwiegene Vergewaltigungen behaupten. Die Polizei stellt klar, dass es in dem Pamphlet um Hetzte gegen Geflüchtete geht und nimmt den Vorfall angesichts des Brandanschlages „sehr ernst“, hat sogar Fingerabdrücke genommen, um die Urheber zu fassen. Die Überschrift der Plakate: „Wacht auf!!“

Bürgerwehren rüsten auf

Gleichzeitig gründen sich in der Region angesichts der vermeintlichen Bedrohung durch Geflüchtete – zumindest auf Facebook – Bürgerwehren, um „was dagegen zu unternehmen da die “Staatsgewalt” die Gewalt so langsam zu verlieren scheint.“ Die Gewalt will man wohl nun selbst in die Hand nehmen. Von Geflüchteten ist zwar im hier zitierten Beispiel der „Memminger Bürgerwehr“ nicht explizit die Rede, aber „Memmingen gemeinsam gegen Rechts“ schreibt, dass „ausschließlich von Geschichten über (angebliche) Kriminalität von Ausländern berichtet und in Pegida-Manier Ängste geschürt“ werden. Der Verantwortliche selbst behaupte nicht rechts zu sein, gibt aber auf Facebook an, dass ihm PEGIDA, die Republikaner und eine weitere gegen Geflüchtete hetzende Seite gefielen. Der Staatsschutz sei alarmiert. Das zuständige Präsidium der bayerischen Polizei kennt noch eine weitere Bürgerwehr „als Diskussionsplattform“ in Sonthofen.

Auf Facebook wird die Existenz weiterer Bürgerwehren aus der Region behauptet – als „Vereinte Bürgerwehren im Allgäu“ angeblich seit einem Jahr. Der Urheber der Behauptung lädt ein Bild hoch, auf dem ein wütender Lynchmob mit Fackeln und Mistgabeln aus der Zeichentrickserie Simpsons abgebildet und mit den Worten „Bürgerwehr Isny“ umschrieben ist.

In Wangen rüsten sich anscheinend Neonazis als Bürgerwehr aus: Ein Fan des Allgäuer Neonazi-Musiklabel „Oldschool Records“ nutzt ein Profilbild mit einer von hinten vor einer Deutschlandfahne photographierten martialisch ausgestatteten Person. Erkennbar ist unter anderem eine Aufschrift „Bürgerwehr Wangen“, Handschellen und vermutlich eine Gasmaske und Baseballschläger. Dazu wird behauptet, über einen „Mannschaftsbus“ für „9 Leute und 2 Schäferhunde“ zu verfügen. Weiter ist die Rede von „GPS-Überwachung für jeden und LPD-Funk-Zentrale vor Ort, Ortung per Laptop“, aber: „Fehlen nur noch die 2-Schuß-Pfefferpistolen.“ Der Urheber des Eintrages hat auf seinem Facebook Profil angegeben, was er mag: eine Unmenge an NPD-Seiten, Anti-Asyl-Hetze, Bürgerwehren, die Identitäre Bewegung, „Leipzig steht auf“ – und Kampfsport. Davon weiß die hier zuständige Polizei nichts. Im westlichen (württembergischen) Allgäu seien solche Gruppierungen „nicht gegeben“.

Hakenkreuze und Schusswaffen

In Kempten und Memmingen wurden in den ersten Tagen des neuen Jahres Hakenkreuze und neonazistische Parolen gesprüht – auf eine Asylsuchendenunterkunft und zum wiederholten Male auf Hinweisschilder einer Moschee.

Am 14.1. druckt die Allgäuer Zeitung einen Leserbrief eines Herrn, der sich auf vorhergehende Berichterstattung zu zunehmender Verbreitung von Schusswaffen im Allgäu bezieht und bietet einen „Erklärungsversuch: Seit der […] EU-Osterweiterung überfallen uns organisierte ost- und süd-osteuropäische Verbrecherbanden […]. In unseren Städten haben sich […] kriminelle Migrantengangs gebildet […]. Und jetzt die Migranten, Flüchtlinge und Asylbewerber, welche uns an Silvester in Angst und Schrecken versetzt haben. Kann es vielleicht daran liegen?“

Konsequente Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt und Rassismus gefordert

Diese Beispiele aus nur einer Region und einem kurzen Zeitraum verdeutlichen das verheerende Potential, das der nach dem Silvesterabend ausgelösten Debatte innewohnt. Ein unsensibel geführter Diskurs wird weiter rechten Hetzern in die Hände spielen und die Zahl der Übergriffe – mindestens 122 im Jahr 2015 – auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte auch im neuen Jahr weiter in die Höhe treiben. Dagegen fordern antirassistische und feministische Aktivisten eine konsequente Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt und Rassismus, die ausdrücklich die deutsche Mehrheitsgesellschaft erfasst. Das findet Anna-Mareike Krause auf tagesschau.de, auch der Soziologe und Biologe Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß etwa kommentiert:

„Konkret zu Köln: Es kommt erst einmal auf nüchterne (und nicht so kurzatmige) Aufarbeitung an. Hier ist die Perspektive von Feministinnen of Color und rassismuskritischen weißen Feministinnen wichtig, die darauf schauen, was in der Kölner Silvesternacht tatsächlich stattgefunden hat. Die Aufarbeitung darf nicht bei den mehrheitsdeutschen Männern aus den Parteien, dem Innenministerium oder den Türstehern liegen, die jetzt schon sehr eilig Asylverschräfungen fordern oder ‚groß aufräumen‘. Die größte Expertise liegt bei den Vereinen, die bereits mit intersektionalen Konzepten arbeiten, also zu Rassismus und Geschlechterverhältnissen gleichermaßen.“

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Das Spiel mit der Angst

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Russlanddeutsche Demo Kempten: Flagge »Deutsch-Russische-Bruderschaft« ©flickr.com/fromoutback2
Russlanddeutsche Demo Kempten: Flagge „Deutsch-Russische Bruderschaft“ ©flickr.com/fromoutback2

Am 24. Januar demonstrierten bundesweit vornehmlich Russlanddeutsche auf Grund einer angeblichen Vergewaltigung gegen „Kriminalität von männlichen Asylbewerber“. Vertreter der extremen Rechten traten nicht nur als Versammlungsteilnehmer auf. Ein Beispiel.

Am 24. Januar wurden bundesweit Versammlungen „wegen der gegenwärtigen Kriminalität von männlichen Asylbewerber“ abgehalten. Auslöser war, wie der Verfassungsschutz mitteilt, die angebliche über russische Medien verbreitete Vergewaltigung eines jungen Mädchens. Der Aufruf wurde erst wenige Tage zuvor in deutsch und russisch unter anderem von „Der Russen Treff“ auf Facebook verbreitet.

Russlanddeutsche Demo Kempten ©flickr.com/fromoutback2
Russlanddeutsche Demo Kempten ©flickr.com/fromoutback2

Wie bereits die Falschmeldung von der Vergewaltigung verbreitete sich der Aufruf rasend schnell, sodass tausende vornehmlich Russlanddeutsche folgten. Etwa 1.300 in Villingen-Schwenningen, wo wenige Tage darauf ein Anschlag mittels einer Handgranate versucht wurde. In Ellwangen haben sich bis zu 800 Personen unangemeldet versammelt und zogen unter NPD-Beteiligung vor die dortige Landeserstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. Im Vorfeld wurden potentielle Teilnehmende mit dem Gerücht „die Antifa“ hätte „eine riesige Gegendemo angekündigt“ aufgefordert, statt in Ellwangen in Kempten im Allgäu zu demonstrieren. Angesichts der trotzdem massiven Beteiligung in Ellwangen spekulieren antifaschistische Kreise, ob die Mobilisierung nach Kempten ein Ablenkungsmanöver war.

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In Kempten begleiteten tatsächlich einige Antifaschisten die entsprechende Kundgebung, der sie rassistische Agitation vorwarfen, mit einem Banner „Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus“. Von einem Balkon des Rathauses herab konnten die über 300 Versammlungsteilnehmenden Redebeiträge auf deutsch und russisch vernehmen. Man wolle „Gruppen bilden zur Verteidigung der Bürger von Kempten.“ Zwar betonten die Veranstalter, es gebe keine Rechten innerhalb der Versammlung, an deren Anmeldung ein Politiker der Republikaner beteiligt war. Allerdings positionierten sich gleich mehrere von ihnen eindeutig mit bei extrem rechten beliebten Modemarken wie „Thor Steinar“ oder „Ansgar Aryan“. Bereits im Vorfeld zeigten Recherchen, dass unter denen die „Der Russen Treff“ mögen auch neonazistische Seiten beliebt sind: Etwa 300 bekunden auf Facebook gleichzeitig ihre Sympathie für die Neonazipartei „Der III. Weg“, über 50 jeweils für das örtliche Neonazi-Label „Oldschool Records“ und die nächstgelegenen Kreisverbände der NPD Memmingen und Neu-Ulm.

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Zudem hing vom Balkon des Kemptener Rathauses zeitweise nicht nur eine Deutschlandfahne. Auch eine der „Deutsch-Russische Bruderschaft“ wurde während der Kundgebung verwendet. Diese Gruppe zeigt auf Facebook offen, wo sie steht: „wir fahren alle großen Schlachtfelder des 2 Weltkrieges ab und bringen Muttererde aus Deutschland für [die] deutschen Soldaten“. Ein anderer Beitrag nimmt positiven Bezug zum Nationalsozialismus: Eine korpulente Person mit Regenbogen-Fahne wird als „Über 70 Jahre Degeneration“ einem Hitlerjungen gegenübergestellt. Einige Teilnehmende der Gegendemonstration fanden sich daran erinnert, dass am 9. März 1933 vom Balkon des Rathauses die Machtübergabe an Hitler proklamiert wurde.

Die Lokalpresse titelte: „Friedlich gegen Gewalt“ und portraitiert eine Frau, die Angst habe, weil „dunkelhäutige Männer sie anstarren“. Die Gegendemonstranten und ihre Kritik werden dabei von der „Allgäuer Zeitung“ komplett unterschlagen. Eine andere Lokalzeitung berichtet von störenden Gegendemonstranten und erkennt eine Demonstration gegen Gewalt an Frauen, besonders aber der Gewalt, „die von Flüchtlingen an einheimischen Frauen“ verübt werde.

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Kaufbeuren: Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft

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Marktoberdorf: Solidarität nach Brandanschlag
Kaufbeuren: Solidarität nach Brandanschlag

Am frühen Sonntagmorgen, gegen 4:15 brannte der Dachstuhl eines Gebäudes in Kaufbeuren-Neugablonz, das als Geflüchtetenunterkunft geplant war. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Damit ist dies der 26. bei Mut gegen Rechte Gewalt gelistete Brandanschlag allein in diesem Jahr. Deshalb entschlossen sich einige Antifaschisten, vor Ort ihre Solidarität zu bekunden.

Gegen 4:15 am Morgen des 7.2. wurde die Feuerwehr alarmiert, dass der Dachstuhl eines Gebäudes im Kaufbeurer Stadtteil Neugablonz in Flammen stehe. Gegen 6 Uhr konnte das Feuer laut Polizei unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden. Nun ermittelt die Kriminalpolizei und geht, wie später am Tag vermeldet, inzwischen von einer Brandstiftung aus. Das Gebäude war zwar als Asylsuchendenunterkunft geplant, aber noch nicht bezogen.

Das Projekt Mut Gegen Rechte Gewalt listet damit 26 Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte allein in diesem Jahr. Für das Vergangene werden 128 entsprechende Brandstiftungen gezählt.

Kaufbeuren: Solidarität nach Brandanschlag ©flickr.com/fromoutback2
Kaufbeuren: Solidarität nach Brandanschlag ©flickr.com/fromoutback2

Daher fanden sich gegen Abend einige Antifaschisten vor dem Gebäude ein, um ihrer Solidarität mit den Adressaten des mutmaßlichen Anschlages Ausdruck zu verleihen und auf einen rassistischen Hintergrund, von dem sie ausgehen, aufmerksam zu machen. Mit Transparenten zogen Sie durch die Nachbarschaft. Dabei entfernten sie einige gegen Asylsuchende gerichtete Aufkleber der Identitären Bewegung in unmittelbarer Nähe zur abgebrannten Unterkunft.

Kaufbeuren: Identitäre Sticker nach Brandanschlag ©flickr.com/fromoutback2
Kaufbeuren: Identitäre Sticker nach Brandanschlag ©flickr.com/fromoutback2

Oberbürgermeister Stefan Bosse findet, so berichtet br.de, „Hinweise auf rechtsradikale oder fremdenfeindliche Tendenzen gab es in jüngster Zeit keine.“ Er räume aber ein, es habe „Bedenken“ gegen die Unterbringung von Flüchtlingen gegeben. Unterschriften seien gegen das Projekt gesammelt worden. Erst die Zusage nur Familien unterzubringen hätte die Situation beruhigen können.

Kaufbeuren: Solidarität nach Brandanschlag ©flickr.com/fromoutback2
Kaufbeuren: Solidarität nach Brandanschlag ©flickr.com/fromoutback2
Kaufbeuren: Solidariät nach Brandanschlag
Kaufbeuren: Solidariät nach Brandanschlag

Was er nicht erwähnt ist etwa der Brandanschlag im nur 20 km entfernten Marktoberdorf Ende Dezember und die daraufhin aufgetauchten Hetz-Plakate. Auch die in der Region gegründeten Bürgerwehren – inzwischen sind auch entsprechende Zusammenschlüsse für Kaufbeuren und den umgebenden Landkreis bekannt geworden – bleiben bei seiner Darstellung unbeachtet. Und das sind nur die jüngsten und nächsten Beispiele bedenklicher Vorgänge. Auch scheint längst vergessen, dass erst 2013 in Kaufbeuren ein „Mann aus Kasachstan“ von Neonazis angepöbelt, angegriffen und schließlich getötet wurde.

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1000 solidarisieren sich nach Brandanschlag in Kaufbeuren

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Solidaritätsdemonstration Brandanschlag Kaufbeuren Neugablonz
Solidaritätsdemonstration Brandanschlag Kaufbeuren Neugablonz

Nach dem Brandanschlag auf eine geplante Asylunsuchendenunterkunft in Kaufbeuren und der spontanen Solidaritätsbekundung gleich am nächsten Tag solidarisierten sich nun 1000 Personen mit Geflüchteten. Der AK Asyl, das Bündnis für Flüchtlinge, die religiösen Gemeinschaften und die Stadt selbst riefen auf zu „Solidarität mit Flüchtlingen, Toleranz und Frieden in unserer Stadt“.

Gegen 4:15 am Morgen des 7.2. wurde die Feuerwehr alarmiert, dass der Dachstuhl eines Gebäudes im Kaufbeurer Stadtteil Neugablonz in Flammen stehe. Gegen 6 Uhr konnte das Feuer laut Polizei unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden. Nun ermittelt die Kriminalpolizei und geht, wie später am Tag vermeldet, inzwischen von einer Brandstiftung aus. Das Gebäude war zwar als Asylsuchendenunterkunft geplant, aber noch nicht bezogen.

Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit/Kaufbeuren 12.02.16

Laut Polizeiangaben versammelten sich 1000 Menschen am Freitag, dem 12.2., um „für Solidarität mit Flüchtlingen, Toleranz und Frieden in unserer Stadt“ zu demonstrieren. Die Versammlung, zu der die Stadt, die religiösen Gemeinschaften, sowie der AK Asyl und das Bündnis für Flüchtlinge einluden, traf sich an der Christuskirche in Kaufbeuren-Neugablonz und zog über den Tatort in der Wiesenthaler Straße zur Abschlusskundgebung am Gablonzer Haus. Denn – so der Aufruf des Kaufbeurer Bündnis für Flüchtlinge – eines sei klar: „In Deutschland nehmen die rechtsextremen Anschläge auf Flüchtlinge rapide zu.“ Tatsächlich listete das Projekt Mut Gegen Rechte Gewalt am Tag nach der Tat in Kaufbeuren 26 Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte allein in diesem Jahr, heute – nur eine Woche später – sind es bereits 32. Für das vergangene Jahr werden 128 entsprechende Brandstiftungen gezählt. Einige demonstrierende machten deutlich, es ginge ihnen um Solidarität mit allen Geflüchteten und wiesen auf die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Neonazis und Rassismus hin.

Solidaritätsdemonstration Brandanschlag Kaufbeuren Neugablonz
Solidaritätsdemonstration Brandanschlag Kaufbeuren Neugablonz

Im Interview mit dem Lokalsender a.tv meinte eine Frau in der Fußgängerzone, die Stimmung im Ort kippe „mit absoluter Sicherheit“. Tatsächlich wurde gegen die nun zerstörte Unterkunft bereits vor dem Anschlag „Widerstand von Anwohnern“ (Kreisbote) gegen die Unterbringung von Flüchtlingen artikuliert. Erst durch die „Zusage der Stadt, das Gebäude ausschließlich mit Familien zu belegen trat, zumindest nach außen, eine Beruhigung ein“, so Oberbürgermeister Stefan Bosse. „Die unmittelbaren Nachbarn des Gebäudes machen gegenüber unserer Zeitung“, so all-in.de, allerdings „keinen Hehl daraus, dass sie nach wie vor keine Flüchtlinge in dem früheren Vereinsgebäude dulden möchten“. Sie hätten Angst um ihre Frauen und Kinder. Da wundert es nicht, dass die Asylsuchenden, die nur wenige Straßen weiter leben, Angst haben, wie die Allgäuer Zeitung weiter schreibt.

Solidaritätsdemonstration Brandanschlag Kaufbeuren Neugablonz
Solidaritätsdemonstration Brandanschlag Kaufbeuren Neugablonz

Die Polizei hat inzwischen Hebelspuren am Gebäude festgestellt. Allerdings seien der oder die Täter nicht über diese Hebelung in das Gebäude gelangt, wie auf Nachfrage von einem der bei der Demonstration eingesetzten Polizisten zu erfahren war. Ansonsten kann die Polizei noch keine Erkenntnisse vorweisen, die zu konkreten Tätern führen. Eine Aufklärung indes ist, wie tagesschau.de ermittelte, unwahrscheinlich.

Die Stadt will das Gebäude sanieren und hält an den Plänen fest, daraus eine Unterkunft für Asylsuchende zu machen. Lediglich etwas länger würde das nun dauern.

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„Allgida“: Neonazis mobilisieren in die Provinz – 1500 dagegen

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„Allgida“: Neonazis demonstrieren in Obergünzburg
„Allgida“-Demonstration in Obergünzburg

Am 20.2. mobilisierten Neonazis rund 150 Rechte zu einer unangemeldeten Kundgebung in die Allgäuer Provinz. Während sich die Sicherheits- und Ordnungsbehörden trotz rechtzeitiger Kenntnis kaum zeigten, stellten sich 50 Gegendemonstranten den Rassisten entgegen. Nur eine Woche später wurden die Neonazis um das zehnfache überboten: 1500 hielten einen „Lichterzug“ in Obergünzburg ab.

Am Samstag, den 20.2. sammelten sich etwa 150 Neonazis und andere extrem Rechte unangemeldet auf dem Obergünzburger Marktplatz im Landkreis Ostallgäu. Begleitet wurden sie dabei zunächst nur von einigen Antifaschisten, deren spontane Gegenkundgebung schnell auf etwa 50 Teilnehmer anwuchs. Die Polizei indes zeigte kaum Präsenz, obwohl bereits knapp einen Monat zuvor öffentlich mobilisiert wurde. Die Polizei räumt ein, dass dieser Umstand zwar bekannt war, mangels Ankündigung gegenüber den Behörden aber nicht ernst genommen wurde. Obergünzburgs Bürgermeister Lars Leveringhaus (CSU) rechtfertigt gegenüber dem Bayerischen Fernsehen: „Wenn Sie keine offiziellen Anhaltspunkte dafür haben, dass es eine Allgida-Bewegung überhaupt gibt und dann auch noch im Öffentlichen Raum auftritt, dann müssen Sie halt entsprechend verhältnismäßig reagieren.“ Die Polizei beobachte „natürlich das rechte Spektrum um natürlich adäquat reagieren zu können“, meint eine Sprecherin. Erst im Laufe der Versammlung wurden weitere Polizeikräfte heran gezogen.

Auffällig oft wurde in den vorderen Reihen der Rassisten von zum Teil Vermummten der rechte Arm erhoben. Die Polizei, die weder die Versammlung auflösen noch Personalien aufnehmen konnte, ermittelt nun wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz – wohl auch, weil eine der Fahnenstangen waffentauglich angespitzt war. Getragen wurden Fackeln, sowie zwei Deutschland- und eine Wirmer-Flagge, die zudem in einer Abwandlung im Erkennungszeichen der „German Defense Leage“ verwendet wird. Es tauchten unter Anderem Mitglieder der Neonazikameradschaft „Voice of Anger“ und Anhänger der NPD auf. Sie reisten aus dem gesamten Allgäu und dem angrenzenden Umland an. Skandiert wurden neben Beleidigungen gegen die Gegendemonstranten Parolen wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, „Wir sind das Volk“ oder „Es gibt kein Recht auf Volksverrat“ – aber auch „AfD, AfD, …“. Mobilisiert wurde etwa über von NPD-Mitgliedern betreute Facebook-Seiten, die auch sonst gegen Geflüchtete hetzen. Die 50 Nazigegner hielten dagegen: „Rassismus aus den Köpfen – Nazis von der Straße jagen!“ und drückten ihre Solidarität mit Geflüchteten aus. Zunächst konnte dafür noch ein Megaphon verwendet werden, was die Polizei aber bald untersagte, „um die Rechten nicht weiter zu provozieren“.

„Allgida“: Gegendemo
„Allgida“: Gegendemo

Für den folgenden Samstag gelang es der Marktgemeinde und den Kirchengemeinden 1500 Menschen zu einem „Kerzenzug“ durch Obergünzburg zu bewegen – bei rund 6000 Einwohnern. Unter dem Motto „Hand in Hand für Menschlichkeit“ zog die Versammlung von einem Gottesdienst zur Kundgebung am Marktplatz. Hier positionierte sich der Bürgermeister für „Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde“. Anschließend stellte Michael Bauer als Vertreter der Bürgerschaft einen Bezug der „Allgida“-Versammlung zum historischen Nationalsozialismus her. Er wolle sich „klar von Fackelzügen distanzieren, deren Bezug zur Nazizeit unverkennbar ist. Und wir distanzieren uns von den simplen Wahrheiten einiger Schreihälse.“

Lichterzug: „Hand in Hand für Menschlichkeit“ in Obergünzburg
Lichterzug: „Hand in Hand für Menschlichkeit“ in Obergünzburg

Die „Schreihälse“ haben weitere Aktionen angekündigt. Das nächste Mal wollen sie in knapp zwei Wochen in einer anderen Stadt im Allgäu aufmarschieren. Dieses mal sind andere Behörden zuständig – und wissen von nichts. Ob sie die Rechten auch hier weitgehend unbehelligt lassen?

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Reichsbürgerin stiehlt Gerichtsakte und flüchtet

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Reichsbürger am Amtsgericht Kaufbeuren (© Screenshot)
Reichsbürger am Amtsgericht Kaufbeuren (© Screenshot)

Während eines Prozesstermins vor dem Amtsgericht Kaufbeuren sorgten sogenannte Reichsbürger für Chaos. Die angeklagte Reichsbürgerin stahl im Getümmel die Gerichtsakte zu ihrem Verfahren und flüchtete. Sie wurde dabei von einem Pulk gleichgesinnter Verschwörungsgläubiger unterstützt und machte sich davon. Ein Eingreifen war dem Gericht nicht möglich. Die mehrfach vorbestrafte wurde dann in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ähnlichen Szenen kam ein benachbartes Gericht zuvor.

Es war nicht ihre erste Auseinandersetzung mit der Justiz. Manuela H. ist bereits mehrfach vorbestraft wegen unerlaubtem Handel mit Betäubungsmitteln, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit im Verkehr. Dafür saß sie bereits im Gefängnis. Diesmal wurde ihr wieder vorgeworfen, ohne die nötige Fahrerlaubnis einen PKW gesteuert zu haben.

Zwei Polizisten haben sie dabei im Juli 2014 in Marktoberdorf im Landkreis Ostallgäu erwischt. Sie wussten, dass die 49-jährige bereits mehrmals ohne Führerschein unterwegs war und hielten sie an, wogegen die Reichsbürgerin sich verbal gewehrt haben will. Sie habe die beiden hingewiesen, dass die Straßenverkehrsordnung ungültig sei und sie nach ihren „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ nicht von der Polizei verfolgt werden dürfe. Die Polizisten allerdings seien gar keine und würden sich der Amtsanmaßung schuldig machen.

Reichsbürger am Amtsgericht Kaufbeuren (© Screenshot)
Reichsbürger am Amtsgericht Kaufbeuren (© Screenshot)

Die Staatsanwaltschaft sah das anders und erhob Anklage gegen H., das Amtsgericht Kaufbeuren lud auf Januar diesen Jahres. Justillon, ein Blog über kuriose Rechtsnachrichten, beschreibt den weiteren Verlauf:

„Wie in der Reichsbürgerszene üblich, folgte nun das übliche Prozedere: Man versteht die Ladung zum Prozess als „Einladung“ und weist diese mittels diverser wirrer „Rechtsausführungen“ zurück. In diesem Fall ging es sogar soweit, dass die Angeklagte eine „Klage“ gegen das Gericht beim von Szeneangehörigen geschaffenen und damit de facto fiktiven „International Common Law Court of Justice“ einreichte. Dieser „Internationale Justizgerichtshof für Naturrecht, Völkerrecht und allgemeingültige Rechtsprechung“ soll in Wien seinen Sitz haben und sei von der UN in Genf und vom IGH anerkannt und beauftragt, hier tätig zu werden. Wie eine solche „Anerkennung“ aussieht, bleibt der als „Beschluss“ betitelte Schriftsatz aber schuldig. Darüber hinaus heißt es mahnend: „Dieser Beschluss ist rechtsgültig und rechtskräftig. Es sind keine Rechtsmittel zulässig! Von positiver Erledigung wird ausgegangen.“ Anhand der gesamten Wortwahl ist recht schnell ersichtlich, dass dort noch niemand etwas von einer Prozessordnung, geschweige denn vom Recht auf ein faires Verfahren gehört hat. Der „Beschluss“ ist mehr eine Aneinanderreihung hilfloser Aufforderungen, vermischt mit diffusen rechtlichen Fehlinterpretationen. Während die Angeklagte, die durchwegs im Schriftstück als „Souverän manuela aus der Familie …“ bezeichnet wird, Vorladungen als Einladungen zurückweisen kann, schließt der Empfänger dieses Fantasiedokumentes aber konkludent einen „Vertrag mit Gebührenpflicht“ ab. Ganze 339,42 Euro will das fiktive Gericht für seine „Arbeit“ verlangen. Ansonsten droht man mit „Inkasso“. Und überhaupt droht man noch so einiges an, wenn den Aufforderungen nicht schleunigst nachgekommen wird.“

Während der Gerichtsverhandlung in Kaufbeuren erklärte sich ein Zuschauer kurzerhand selbst zum „Richter“ und bedrohte den Staatsanwalt. Daraufhin ließ er sich von der Angeklagten die Gerichtsakte zuwerfen, um diese zu „Beschlagnahmen“. Nach einigen Minuten tumultartiger Szenen verließen die bis zu 20 Anwesenden, die teilweise dem „One People Publics Trust“ (OPPT) und dem Umfeld der rechten und verschwörungsideologischen „Kemptener Friedensmahnwache“ zugerechnet werden, samt Akte und Angeklagter das Gebäude, ohne von der inzwischen zugezogenen Justizwachtmeisterei mit Polizeiverstärkung durchsucht oder identifiziert werden zu können.

Reichsbürger am Amtsgericht Kaufbeuren (© Screenshot)
Reichsbürger am Amtsgericht Kaufbeuren (© Screenshot)

Manuela H. wurde anschließend in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt. Ermittlungen wegen dem Aktendiebstahl, dem Aufzeichnen der Verhandlung auf Video und anschließender Veröffentlichung wurden eingeleitet.

Zwei Monate später wollte das Amtsgericht Sonthofen im benachbarten Landkreis Oberallgäu ähnlichen Szenen zuvor kommen und verschärfte die Zugangskontrollen bei erhöhter Polizeipräsenz. Wie die Allgäuer Zeitung berichtet, stand am ein Prozess gegen einen „Bürger des Freistaats Preußen“ an. Weil dieser die BRD nicht anerkenne, verweigerte er die Anmeldung gemäß Meldegesetz. Den ergangenen Bußgeldbescheid akzeptierte der 38-jährige Sonthofer nicht, zog es dann aber vor nicht zur Gerichtsverhandlung zu erscheinen. Dadurch wurde sein Rechtsmittel verworfen und der Bußgeldbescheid rechtskräftig.

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„Allgida“: ein Rohrkrepierer?

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Hand in Hand gegen Rassismus 19.3. Kempten (flickr.com/fromoutback2)
Hand in Hand gegen Rassismus 19.3. Kempten (flickr.com/fromoutback2)

Im Februar mobilisierten Neonazis rund 150 Rechte zu einer unangemeldeten Kundgebung – „Allgida“ war geboren. Die großspurige Ankündigung „Wir kommen wieder!“ konnte die Gruppe trotz zweier Aufrufe nicht verwirklichen. Statt dessen sahen die Rechten sich antifaschistischem Widerstand und einer breiten Solidarisierungswelle mit Geflüchteten ausgesetzt. War’s das nun?

Am 20.2. mobilisierten Neonazis rund 150 Rechte zu einer unangemeldeten Kundgebung in die Allgäuer Provinz nach Obergünzburg. Während sich die Sicherheits- und Ordnungsbehörden trotz rechtzeitiger Kenntnis kaum zeigten, nahmen etwa 50 Gegendemonstranten den bereits einen Monat zuvor ergangenen Aufruf der Rechten ernst und stellten sich ihnen entgegen: „Rassismus aus den Köpfen – Nazis von der Straße jagen!“ stand auf einem ihrer Transparente. Auffällig oft wurde in den vorderen Reihen der Rassisten von zum Teil Vermummten der rechte Arm erhoben. Die Polizei, die weder die Versammlung auflösen noch Personalien aufnehmen konnte, ermittelt wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz – wohl auch, weil eine der Fahnenstangen waffentauglich angespitzt war. Vor Ort waren auch Mitglieder der Neonazikameradschaft „Voice of Anger“, Anhänger der NPD und der AfD. Skandierend verließen sie den Platz und drohten: „Wir kommen wieder!“

1500 gegen „Allgida“

Nur eine Woche später wurden die Neonazis um das zehnfache überboten: 1500 hielten „Hand in Hand für Menschlichkeit“ einen „Lichterzug“ in Obergünzburg ab. Der Bürgermeister der Marktgemeinde mit rund 6000 Einwohnern positionierte sich für „Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde“. Ein Vertreter der Bürgerschaft stellte einen Bezug der „Allgida“-Versammlung zum historischen Nationalsozialismus her indem er unterstrich, er wolle sich „klar von Fackelzügen distanzieren, deren Bezug zur Nazizeit unverkennbar ist. Und wir distanzieren uns von den simplen Wahrheiten einiger Schreihälse.“

Auch der Kemptener Bezirksverband der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di „verurteilt“ anlässlich des „Allgida“-Aufmarsches „fremdenfeindliche Äußerungen und Bündnisse auf das Schärfste.“ In ihrer „Presseinformation“ vom 22.2. allerdings sieht ver.di-Geschäftsführer Werner Röll die Geflüchteten wohl vor allem auch unter ökonomischen Gesichtspunkten: „Rassismus schadet unserem Ruf im Allgäu als Fremdenverkehrsregion immens, schafft eine Gewaltatmosphäre, verursacht uns Steuerzahlern hohe Kosten und führt letztlich in eine intolerante Gesellschaftsform“. Leute, die Häuser anzünden müssten „hart bestraft“ werden. Statt „stumpfsinnige Parolen“ nachzuplappern sollte für Integration gesorgt werden. Komplex sei das Thema zwar, aber bei näherer Beschäftigung zeige sich ein „gigantisches Konjunkturprogramm“. „Zahlungen an geflüchtete Menschen fließen Großteils sofort wieder in den Wirtschaftskreislauf und es werden viele neue Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen – das hilft allen Bürgern“. Eine klare Solidarisierung mit den Betroffenen rechter Hetze und Gewalt sieht anders aus.

„Allgida“ bleibt aus …

Erneut aufmarschieren wollten die Neonazis offenbar am 12.3. in Aitrach im Landkreis Ravensburg. So jedenfalls interpretierten Antifaschisten einen kryptischen Aufruf, den „Allgida“ auf Facebook verbreitete und dabei von 600 Teilnehmenden phantasierte.

Die Polizei folgte der Interpretation der Antifaschisten und zeigte diesmal Präsenz in Aitrach und Isny, einer Stadt in der Nähe. Da eine Formulierung auf Mindelheim hätte verweisen können, war auch hier Polizei im Einsatz. Nirgendwo ließen sich die Rassisten blicken. Gesichtet wurden lediglich vereinzelt Autos, die bekannten Rechten zuzuordnen waren und wenige Rechte, deren kurze Anwesenheit eher zufällig wirkte. Angesichts der etwa 60 Nazigegner am Kriegerdenkmal war deren Aufzug in Aitrach allerdings verunmöglicht. Satt dessen behaupteten die Neonazis einen stillen „Fackelmarsch“ durch Aitrang im Landkreis Ostallgäu. Falls dieser stattgefunden haben sollte – wofür nichts spricht – war dieser derart still, dass in Aitrang offenbar kein Mensch Notiz davon nahm.

… und scheitert in der Defensive

„Hand in Hand gegen Rassismus“ demonstrierten etwa 450 Personen am 19.3. durch die Kemptener Innenstadt, „weil jeder Mensch das Recht hat, egal wo er leben möchte leben darf“, wie es eine Teilnehmerin ausdrückte. Aufgerufen zu der Aktion hatte unter anderem Pro Asyl. Zwei Tage zuvor mobilisierten „Allgida“-Kreise gegen die Versammlung und riefen „zur Gegendemo auf!!! […] Wir würden uns über ein zahlreiches erscheinen von euch freuen […] Danke Kameraden“. Gesichtet wurde statt einer Gegendemo nur einer der Aufrufenden.

Das war dann auch schon – nach allen uns vorliegenden Informationen – der letzte Auftritt der „Allgäuer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Aus der Offensive wurden sie dank antifaschistischem Protest bei ihrem zweiten angekündigten Auftritt bereits zur Aufgabe gebracht, um schließlich beim dritten und letzten Versuch auch an der Gegenmobilisierung aus der Defensive zu scheitern.

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„Eine Kugel reicht nicht“ – Prozess gegen Nazi-Terrorgruppe beginnt

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„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenphoto
„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenfoto (Screenshot)

„Ich wehre mich jetzt, mit meinen Freunden der OSS. Wer das ist, ihr werdet es sehen“, ließ Andreas H. laut dem Spiegel im September 2014 wissen. Im Oktober soll er dann laut Anklage als Präsident die „Oldschool Society“ (OSS) gegründet haben, Markus W., Denise Vanessa G. und Olaf O. übernahmen die Posten der Führungsriege – und organisierten sich über die Chatgruppe „OSS Geheimrat“. Ihr öffentlicher Facebook-Auftritt verzeichnete über 3000 Likes. Vor dem Oberlandesgericht München müssen die vier sich dafür nun verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen als Ziel vor, ihre neonazistische „Ideologie durch terroristische Anschläge, insbesondere in Form von Brand- und Nagelbomben, umzusetzen.“

Der Prozess gegen die mutmaßliche Führungsebene der OSS wird am 27. April um 10 Uhr vor dem Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht München im Sitzungssal B 277 eröffnet. Vorläufig sind insgesamt 30 Termine bis zum 6. Oktober angesetzt. Der Senat hat umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen verfügt.

Hinter jedem der Angeklagten stehen zwei Verteidiger – Michael Rosenthal aus Karlsruhe und Dr. David Hermann aus Augsburg für Andreas H., Reinhard Baehr aus Borna und Jan Pinkes aus Jena für Markus W., Alexander Hübner aus Dresden und ein Verteidiger aus München für Denise Vanessa G., sowie Hans Dieter Stoffer und Rainer Dördelmann aus Bochum für Olaf O. Bisher wollte sich auf Nachfrage keiner der Verteidiger zu den Vorwürfen gegen die Mandanten äußern.

Das Netzwerk

Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe
Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe

Das Netzwerk der OSS besteht allerdings nicht lediglich aus den vier nun Angeklagten. Mitte November 2014 trafen sie sich mit Gleichgesinnten im sächsischen Frohburg und diskutierten Anschläge auf Asylsuchende, Salafisten und Moscheen sowie die Herstellung von Sprengstoff – und stellten ein zehnköpfiges Gruppenfoto auf Facebook. Im am Montag veröffentlichten Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2015 heißt es: „In der Hauptchatgruppe waren bis zu zwanzig Personen aktiv.“ Laut Anklagebehörde plante ein Teil der OSS von einem weiteren Treffen im Mai 2015 einen Sprengstoffanschlag auf eine bewohnte Geflüchtetenunterkunft bei Borna zu verüben. Markus W. und Denise Vanessa G. sollen den dafür nötigen Sprengstoff besorgt haben. Um die tödliche Wirkung zu vervielfachen, sollte dieser unter Anderem mit Nägeln bestückt werden.

Wenige Tage vor Tatausführung am 6. Mai 2015 wurden die vier Hauptangeklagten von Spezialeinheiten festgenommen. In mehreren Bundesländern fanden Durchsuchungen statt. Laut Medienberichten wurden nicht nur erhebliche Mengen pyrotechnischer Sprengkörper sichergestellt. Auch Baseballschläger, Teleskopschlagstöcke und Gasdruckwaffen wurden, das berichtet der Spiegel, gefunden.

Die Führungsebene

OSS Oldschool SocietyDer „Vizepräsident“ Markus W. aus Frohburg, zuvor Düren (NRW), habe sich, so die Sprecherin für antifaschistische Politik in einer Pressemitteilung ihrer Fraktion DIE LINKE im sächsischen Landtag Kerstin Köditz, als „Sicherheitsverantwortlicher“ der Gruppierung verstanden. Außerdem sei der 40-jährige „kein Unbekannter. Ursprünglich war er Mitglied der militanten, inzwischen verbotenen ‚Kameradschaft Aachener Land’ (KAL). Später trat [er] als Aktivist einer Gruppierung namens ‚Kameradschaft und Loyalität’ (K.u.L.) in Erscheinung. Sein Auftauchen in der Region hätte Sicherheitsbehörden viel eher alarmieren müssen. Zumal ein anderes früheres Mitglied der KAL, […], im Oktober 2010 an der Tötung des Irakers Kamal Kilade in Leipzig beteiligt war.“ Von der Verbindung zu den beiden Kameradschaften berichtet Spiegel übereinstimmend mit Bezug auf ein Dokument des BKA. Denise Vanessa G. sei die Freundin des ehemaligen KAL-Mitglieds und wurde ebenfalls in Sachsen festgenommen. Die 23-jährige sei als „Schriftführerin“ unter anderem für monatliche Beitragszahlungen der Mitglieder verantwortlich gewesen. Der „Pressesprecher“ O. der „Oldschool Society“ kommt aus Bochum und war zum Zeitpunkt der Anklageerhebung 47 Jahre alt. Der Augsburger „Präsident“ der Gruppe ist mit 57 Jahren der Älteste im Bunde. Er posierte im Internet mit Patronengürtel.

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„Oldschool Society“: Auftakt im Terror-Prozess

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„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenphoto
„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenfoto (Screenshot)

Am Mittwoch, dem 27.4.2016, wurde die Hauptverhandlung gegen vier Führungsmitglieder der von der Bundesanwaltschaft als terroristische Vereinigung eingestuften Neonazi-Truppe „Oldschool Society“ (OSS) vom Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht München eröffnet. Der Anklage nach sei die Gruppe darauf ausgerichtet gewesen, ihre extrem rechte „Ideologie durch die Begehung terroristischer Anschläge gewaltsam durchzusetzen“. Als Anschlagsziele wurden unter anderem Asylsuchende und Antifaschisten genannt. Zwei der vier Angeklagten bekamen die Gelegenheit, sich zu ihrer Biographie und ihren persönlichen Verhältnissen zu äußern.

Andreas Thomas H., der „Präsident“ der Truppe, postete „häufig Bilder aus dem Internet von Waffen, welche seiner Ansicht nach geeignet wären, um solche Anschläge mit ihnen zu begehen, und vermittelte den Eindruck von Fachwissen über den Bau und die Wirkung von Rohrbomben“. Bei Verlesung der zitierten Anklageschrift nickte der 57-jährige Augsburger auf der Anklagebank, als er aus einem Telefonat zitiert wurde. „Tät mir schon gefallen, wär schon so nach meinem Geschmack“, erwiderte er auf den Vorschlag, eine Nagelbombe in einer Asylsuchendenunterkunft zur Detonation zu bringen. Er „lenkte im wesentlichen die Geschicke der Gruppe“ zusammen mit W.

Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe
Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe

Markus W., zunächst „Chief of Security“, hatte tatsächlich „von Anfang an beträchtlichen Einfluss“ und ein „enges Vertrauensverhältnis“ zum „Präsidenten“ der Gruppe gehabt. Das Vertrauensverhältnis war offenbar so eng, dass „der Beschuldigte H. alle strategischen Entscheidungen und die Aufgabenverteilung innerhalb der Führungsebene mit dem Angeschuldigten W.“ besprach. Folgerichtig konnte er im September 2014 zum „Vizepräsidenten“ aufsteigen. Die Radikalisierung der Gruppierung wurde laut Anklage maßgeblich von W. vorangetrieben. Seine Ausbildung zum Dachdecker schmiss der 1972 in Düren Geborene nach eigenen Angaben und ging nach einiger Zeit der Erwerbslosigkeit zum Jagdbombergeschwader der Bundeswehr, danach wechselten sich erneute Erwerbslosigkeit mit diversen Hilfsjobs ab, von denen er einen wegen einer Vorstrafen verlor. 2010 zog er nach Sachsen, wo er einen schweren Arbeitsunfall erlitten habe und seit 2014 ein Sicherheitsgewerbe betreibe. Sein Ziel war es, aus „der ›OSS‹ eine Kampfbereite Gruppe zu erstellen“. Er war es auch, der zusammen mit Denise Vanessa G. den für die Anschläge benötigten Sprengstoff beschaffte. Von ihm stammte der telefonische Vorschlag, eine Nagelbombe zu zünden: „… deswegen habe ich schon gedacht, hier, so ein Cobra 11, hier, weißt du, hier Dachpappenstifte draufmachen mit Sekundenkleber ringsrum, draufkleben und dann so ein Ding im Asyl… so ein Ding im Asylcenter, im Asylheim so, weißt du, Fenster eingeschmissen und dann das Ding hinterhergejagt“.

Beim Telefonat war auch Denise Vanessa G. anwesend. Die 23-jährige bekundete ihre Zustimmung zu den Plänen. Man müsse aufgrund der Sprengkraft „die Zündschnuren auf jeden Fall verlängern“. Auch G. sei von Anfang an eine der treibenden Kräfte in der Gruppe gewesen. Sie übernahm laut Satzung der Vereinigung den Posten der „Schriftführerin“ und die Mitgliederbetreuung. Sie setzte sich „vehement dafür ein, dass im Jahr 2015 in kleineren Gruppen Anschläge verübt werden“. Sie wollte dies, so die Bundesanwaltschaft weiter, „notfalls auch selbst in die Hand nehmen”. Sie wollte „Aktionen“ in mehreren Teams durchführen. Im Zusammenhang mit Anschlagsplanungen befürwortete sie den Einsatz von Sprengstoff, zu dessen Beschaffung ihr Bruder hilfreich sein könne. Über ihn soll sich die Beschuldigte auch über die Herstellung und Wirkung von Sprengstoffen erkundigt haben.

OSS Oldschool SocietyDer vierte Angeklagte aus der Führungsriege wurde nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft von Denise Vanessa G. angeworben. Er übernahm den Posten des „Pressesprechers“, was sich in der Betreuung des Auftritts in sozialen Netzwerken der „Oldschool Society“ niederschlug. Nach kurzer Zeit wurde er Mitglied des „OSS Geheimrats“ und komplettierte damit den Führungszirkel der mutmaßlichen terroristischen Vereinigung, wie sie zur Anklage gebracht wurde. Olaf O. habe durch seine offene Befürwortung von Gewalt „erheblich zur Radikalisierung der ›OSS‹“ beigetragen. O. wurde 1968 in Gelsenkirchen geboren, wuchs seiner Aussage nach „behütet“ auf und machte eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker in Bochum-Wattenscheid. 1990 erfolgte der Einzug zur Bundeswehr in Ahlen. Auf psychische Probleme folgte die Ausmusterung und ein Job bei Opel. Nach der Diagnose eines Hirntumors sah er sein Leben aus den Fugen geraten. Seine 1992 geschlossene Ehe zerbrach, er verlor seine Arbeit und seine Freunde. Neue suchte er im Internet – und fand die OSS. Er war dafür, dass vom Treffen in Borna „Aktionen“ ausgehen, das „mögliche Ziel“ sei, so zitiert ihn die Bundesanwaltschaft, „Asylantenheim, Antifaquartier oder Ölaugen umschuppen“.

Die „Schriftführerin“ Denise Vanessa G. und der „Präsident“ Andreas Thomas H. sollen sich am 9. Mai zu ihren persönlichen Verhältnissen äußern. Ab 10. Mai ist mit Einlassungen zur Sache zu rechnen.

Nach dem Prozess äußerte sich Robert Andreasch von der „Antifaschistischen Informations-, Dokumentations-, und Archivstelle München“ (a.i.d.a.). Das Beispiel „Oldschool Society“ zeige: „In einer für die Neonaziszene typischen Gruppe, die ein Postfach unterhält und auf Facebook um neue Anhängerinnen wirbt, sind die Akteurinnen fest entschlossen, Menschen schwer zu verletzen oder gar töten zu wollen. Die mangelnde Klandestinität mag einerseits verblüffen, kann andererseits auf eine besondere Entschlossenheit hindeuten. Die Mitglieder der OSS fühlten sich zudem offenbar sehr sicher“, Anschlagsvorbereitungen schienen in der Szene offenbar „normal“ zu sein.

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OSS: Bewaffneter Kampf oder bloß „heiße Luft“?

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„Oldschool Society“ (OSS) Logo
„Oldschool Society“ (OSS) Logo

Im Prozess um die „Oldschool Society“ als terroristische Vereinigung haben sich bisher alle Angeklagten zu ihren persönlichen Verhältnissen eingelassen. Drei der Angeklagten geben sich als gescheiterte Existenzen, allein ihr „Präsident“ H. will in seiner jüngsten Vergangenheit als selbstständiger aber ungelernter Maler außerordentlich erfolgreich gewesen sein. Sein angeblich so protziger Lebensstil deckt sich allerdings nicht mit seinen Kontobewegungen. Er ist auch der einzige, der sich bisher zu den Vorwürfen der Anklagebehörde geäußert hat. Nach seinen Ausführungen, ist die Truppe über Alkoholexzesse, grillen und Gerede nie hinaus gekommen: „Meine Güte, da würde doch Deutschland schon lange flach liegen, wenn man alles glauben würde, was da alles in Schutt und Asche schon gelegt worden ist“.

Der „Pressesprecher“

Der „Pressesprecher“ betreute den Auftritt der mutmaßlich terroristischen Gruppierung in sozialen Netzwerken. Olaf O. wurde 1968 in Gelsenkirchen geboren, wuchs seiner Aussage nach „behütet“ auf und machte eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker in Bochum-Wattenscheid. 1990 erfolgte der Einzug zur Bundeswehr in Ahlen. Auf psychische Probleme folgte die Ausmusterung und ein Job bei Opel. Nach der Diagnose eines Hirntumors sah er sein Leben aus den Fugen geraten. Seine 1992 geschlossene Ehe zerbrach, er verlor seine Arbeit und seine Freunde. Neue suchte er im Internet – und fand die „OSS“, zu deren Radikalisierung er laut Bundesanwaltschaft „erheblich“ beitrug.

Der „Vizepräsident“

Markus W. wurde, als er der Truppe beitrat, zunächst „Chief of Security“, stieg im September 2014 zum „Vizepräsidenten“ auf. Seine Ausbildung zum Dachdecker schmiss der 1972 in Düren Geborene nach eigenen Angaben und ging nach einiger Zeit der Erwerbslosigkeit zum Jagdbombergeschwader der Bundeswehr, danach wechselten sich erneute Erwerbslosigkeit mit diversen Hilfsjobs ab, von denen er einen wegen einer Vorstrafen verlor. 2010 zog er nach Sachsen, wo er einen schweren Arbeitsunfall erlitten habe und seit 2014 ein Sicherheitsgewerbe betreibe. Andreas H., der „Präsident“ der Gruppe, soll laut Anklageschrift „alle strategischen Entscheidungen und die Aufgabenverteilung innerhalb der Führungsebene mit dem Angeschuldigten W.“ besprochen haben. Außerdem habe er mit Denise Vanessa G. Sprengstoff für geplante Anschläge besorgt.

Die „Schriftführerin“

Auch G., die „Schriftführerin“, sei von Anfang an eine der treibenden Kräfte in der Gruppe gewesen, während der Untersuchungshaft hatte sie versucht, einen Platz in einem Neonazi-Ausstiegsprogramm zu bekommen. Die Beziehung zum Mitangeklagten W. bestünde nach wie vor. Ihr leben war ihrer Darstellung nach geprägt von massivem Drogenkonsum, selbstzerstörerischen Verhalten und autoritären Beziehungspartnern, die sie häufig wechselte. Geboren wurde die heute 23jährige im sächsischen Freital. Die Mittelschule verließ sie ohne Abschluss, zwei Versuche schulischer Berufsausbildung im Bereich Hauswirtschaft brach sie ebenfalls ab: „Ich war sowieso die Dumme, weil das waren alles Ausländer“. Alkohol und Drogen habe sie schon früh jeden Tag konsumiert, Crystal Meth zuerst mit 14, zeitweise sogar Heroin. Die Drogen dienten ihrer Darstellung nach wie auch ihr selbstverletzendes Verhalten dazu, Dinge zu vergessen. Nur während ihrer zwei Schwangerschaften will sie auf die Drogen verzichtet haben, was ihr selbst in Haft nicht gelang. Einer ihrer Expartner sei wegen Vergewaltigung einer 13jährigen im Gefängnis. Das erste Kind habe wegen Misshandlungen durch den Vater einen Wasserkopf. Das Sorgerecht habe sie verloren.

Der „Präsident“

Die Truppe traf sich, so der selbsternannte „Präsident“, angeblich nur einmal außerhalb sozialer Netzwerke, am 15. November 2014 in einer Kleingartenanlage in der Nähe von Borna. Zu diesem Treffen reiste der Augsburger mit seinem SS-Ring am Finger, einer Gaspistole und dem getunten Mercedes mit „knapp 600 PS“ an. Stolz war er auf das Auto mit „Krokoleder“ innen und außen, einem Reichsadler und den Initialen AH, die ebenso für Adolf Hitler wie seinen Namen stehen könnten. Darüber aber habe er noch nie nachgedacht. „Ich bin kein Nazi und werde nie einer sein“, meint er. In seinem Büro allerdings bewahrte er diverse Neonazi-Devotionalien und Waffen auf. Hitlers „Mein Kampf“, die „Hochzeitsausgabe“, will er zu lesen versucht, aber nicht verstanden haben. Vom Vater sei er als Kind sehr schlecht behandelt, auch geschlagen worden. Auf eine höhere Schule durfte er nicht gehen. Als Jugendlicher begann er kriminell zu werden. Mehrere Gefängnisstrafen – die mit fünf Jahren höchste und letzte 1990 in Würzburg – folgten. Danach machte er sich selbstständig als Maler und baute ein angeblich florierendes Geschäft auf. Aus seinen Kontoauszügen allerdings ergibt sich die Finanzierung seines protzigen Lebensstils nicht. Nachfragen der Bundesanwaltschaft in diese Richtung unterbindet sein Verteidiger.

Bloß „heiße Luft“…

oss1Das Treffen 2014 spielt er herunter, es sei am massivem Alkoholkonsum gescheitert. Deswegen sei beim zweiten Treffen ein Alkoholverbot ausgesprochen worden. Warum die Anweisung, dunkel gekleidet zu erscheinen ausgegeben wurde? Das sähe, erklärt H., besser aus auf dem geplanten Gruppenphoto. Beim ersten Treffen seien alle so durcheinander gekleidet gewesen, das sollte diesmal schöner aussehen. Der Frage, weshalb er zwar von den von seinen Mitangeklagten Denise Vanessa G. und Markus W. besorgten Sprengkörpern, aber nicht von dessen Zweck gewusst haben will, weicht er aus. Der 8. Staatsschutzsenat fragt weiter: „Warum muss man das umbauen, das Zeug?“ H. reagiert zunächst aggressiv und wird dann ganz kleinlaut: „Ich habe mich in eine Sache hinein manövriert, wie soll ich das erklären?“ Er hat Tränen in den Augen und fährt fort: „Mittlerweile hat sich bei uns generell ein Ton, eine Art und Weise zu reden aufgebaut, dass das fast nicht mehr auffällt, dass das normal geworden ist ohne es zu merken weil tun tut das sowieso keiner.“ Über Geflüchtetenunterkünfte sei gesprochen worden, „lauter schreckliche Sachen“ sollten daraufhin passieren. Das allerdings sei „eh bloß fiktiv“ und „heiße Luft“ gewesen. Wo die geplante „Nachtwanderung“ hätte hinführen sollen, das weiß er aber nicht, sagt der „Präsident“ der „Oldschool Society“.

… oder bewaffneter Kampf?

Der Anklage nach wurde auf dem ersten Treffen die inhaltliche Ausrichtung der „OSS“ thematisiert. Erörtert wurde demnach „der bewaffnete Kampf gegen Salafisten, die Herstellung von Sprengstoff, ein gewaltsames Vorgehen gegen Asylanten und wer bereit wäre, auch in den Knast zu gehen für irgendwelche Taten“. Weiter geht die Bundesanwaltschaft davon aus, dass der von G. und W. besorgte Sprengstoff im Rahmen des geplanten zweiten Treffens „zur Begehung eines Sprengstoffanschlags auf eine bewohnte Asylbewerberunterkunft“ verwendet werden sollte. Zusammen mit ihrem „Präsidenten“ besprachen die beiden, wie sie zu diesem Zweck die tödliche Wirkung der Sprengladung erhöhen könnten. Auch O., der vierte Beschuldigte, wurde eingeweiht. Die weiteren Mitglieder sollten am geplanten Treffen am 8. Mai 2015 einbezogen werden. Der Zugriff durch die Polizei und die Festnahme der Beteiligten kam dem aber zwei Tage zuvor.

Der am 27. April vor dem Oberlandesgericht München eröffnete Prozess wird am 1. Juni fortgesetzt. Bisher sind Termine bis November angesetzt.

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Sarrazin’s „Apologie des weißen Mannes“ im Bürgersaal

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Sarrazin im Bürgersaal Betzigau

Vergangenen Montag durfte Thilo Sarrazin sein neues Buch „Wunschdenken“ in der bayerischen Provinz vorstellen. Den Auszügen aus seiner „Apologie des weißen Mannes“, bestehend aus analytisch schwachen Vorwürfen an die Politik, völlig ahistorischen Ausführungen zu Deutschlands Rolle in der Welt und diversen rassistischen Zuschreibungen lauschten allerdings gerade einmal 70 Personen. Ausgelegt war die Veranstaltung für weit mehr Gäste. Das Podium bot die Gemeinde Betzigau mit ihrem Bürgersaal.

Sarrazin im Bürgersaal - vor ihm das Wappen der Gemeinde Betzigau
Sarrazin im Bürgersaal – vor ihm das Wappen der Gemeinde Betzigau

Eingeführt und moderiert wurde Sarrazin am 9.5. von Hans-Hermann Gockel. Der ehemalige TV-Journalist spricht auf Veranstaltungen der AfD – unter Anderem im sächsischen Freital. Dort gefalle es ihm – anders als in seiner Heimat sehr, denn: „Wenn ich in Bielefeld durch die Innenstadt gehe, dann habe ich an manchen Tagen das Gefühl, ich bin im Nahen Osten oder in Afrika auf jeden Fall nicht mehr in Deutschland.“

An diesem Punkt trifft er sich mit Sarrazin, der in der Öffnung der Grenzen für Geflüchtete „die größte politische Torheit seit dem Zweiten Weltkrieg“ sieht. Durch die seiner Ansicht nach „Millionen kulturfremden Einwanderern mit durchschnittlich niedriger kognitiver Kompetenz“ drohe der Abstieg Deutschlands.

Seinem Publikum präsentiert Sarrazin auch gleich eine einfache Erklärung für das von ihm konstatierte Versagen der Politik. Es sei darauf zurückzuführen, dass sich Politiker von einem “utopischen Denken” leiten lassen, das zunehmend an die Stelle der technokratisch inspirierten Problemlösung vergangener Jahrzehnte trete. Im Bestreben, die Welt zu einem besseren Ort und es allen recht zu machen, setzten sie “Wünsche an die Stelle der Wirklichkeit” und blendeten dabei “die realen Zusammenhänge” aus. Diese realen Zusammenhänge – das sind für Sarrazin offenbar die Gesetze der Ökonomie und der menschlichen Natur, denen er eine überzeitliche Geltung zuspricht. Wer sich als Politiker über diese Gesetze hinwegsetzen will, der muss aus Sarrazins Sicht scheitern.

Zu diesen „Gesetzen der menschlichen Natur“ gehören für Sarrazin „niedere Antriebe aus dem Stammhirn“. Die seien für das Handeln der Menschen verantwortlich. Der Verstand würde dann erst im Nachhinein zur Rechtfertigung aktiviert und benutzt, um die entsprechenden Ziele auch zu erreichen.

Sarrazin im Bürgersaal Betzigau - Protest
Sarrazin im Bürgersaal Betzigau – Protest

Mit Blick auf Griechenland, Nigeria und andere afrikanische Staaten behauptet er, es fehle an Fleiß, Pflichtbewusstsein und westlichen Gesetzen. „Jede Gesellschaft hat exakt den Wohlstand, den sie sich selbst geschaffen hat.“ Sämtliche Entwicklungen innerhalb von Gesellschaften seien allein auf Bedingungen innerhalb dieser zurückzuführen. Er selbst nennt ausdrücklich ehemalige Kolonialstaaten. Von denen dürfe aber keines sich erdreisten, ein anderes Land – insbesondere Deutschland – mit der eigenen Lage in Verbindung zu bringen. Auch eine Verantwortung Deutschlands im Hinblick auf Geflüchtete weist er so zurück. Den Menschen müsse es so schlecht gehen, dass sie gezwungen sind, ihre Probleme selbst zu lösen: „Verantwortlich für die Verhältnisse seid ihr ganz alleine.“

In der Gemeinde Betzigau sei man laut Hans-Hermann Gockel „mit offenen Armen empfangen“ worden. Das Kulturamt der Gemeindeverwaltung ist verantwortlich für den Veranstaltungsort. In die Vorbereitung der Buchvorstellung war diese zwar nicht involviert, hätte aber das letzte Wort bei einer möglichen Absage. Die Gemeinde sah – so gab Herr Bürgermeister Helfrich auf telefonische Nachfrage vorab Auskunft – keinerlei Veranlassung zum Handeln. Sarrazin bewege sich schließlich mit seinen Thesen auf dem Boden der Verfassung. Angesprochen auf den Rassismusvorwurf gegen Sarrazins Thesen und den derzeitigen Rechtsruck in der Gesellschaft sagt er: Dann dürfte Frauke Petry auch nicht mehr auftreten.

Sarrazin im Bürgersaal Betzigau - Protest
Sarrazin im Bürgersaal Betzigau – Protest

Auch Kritiker besuchten die Gemeinde mit weniger als 2800 Einwohnern und protestierten vor dem Bürgersaal. Eine ältere Dame nimmt an der Veranstaltung teil, um ihre Kritik zu äußern. Mit ihrem Schild „Schafft Sarrazin ab“ und einer Trillerpfeife betritt sie den Saal. Während andere Klatschen ruft sie „Buh“, wodurch sich in der Lokalzeitung, die die Veranstaltung zuvor mehrmals unkritisch angekündigt hatte und den Verkauf der Anfangs etwa 300 verfügbaren Tickets übernahm, auch kritische Töne niederschlugen: „Eine Zuhörerin zwei Reihen vor ihr steht abrupt von ihrem Sitz auf, kommt nach hinten. ‚Wir haben Meinungsfreiheit in Deutschland‘, sagt sie laut. Und sie wolle sich ihre Meinung bilden. ‚Klar, sie klatschen und ich pfeife‘, entgegnet ihr die Seniorin unbeeindruckt.“

In der Nacht zuvor brachten Unbekannte einen Schriftzug gegen die Veranstaltung an der Fassade des für die Bewirtung des Bürgersaals zuständigen Gasthaus Hirsch an. Die Zufahrtsstraßen wurden von Bereitschaftspolizei kontrolliert und Fahrzeuge durchsucht. Laut einem Polizeisprecher weil Sarrazin in der Öffentlichkeit „durchaus umstritten“ sei.

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„Allgida“ 2.0: Alter Wein in neuen Schläuchen

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Aufruf zur Demo „Asyl stopen“ in Kempten ©Screenshot
Aufruf zur Demo „Asyl Stopen“ in Kempten ©Screenshot

Alter Wein in neuen Schläuchen, aber jetzt noch blöder: Nach dem Scheitern von „Allgida“ spielt sich nun ein Tätowierer ohne Studio auf zur „Division Kempten – Nationaler Widerstand“ und kündigt für den 25.6. – etwas holprig – eine Demonstration „Deutsche zu erst Asyl Flut stopen“ als „Allgida Kempten“ an. Als Kundgebungsredner werden Viktor Seibel und der Initiator Michael K. selbst versprochen. Darauf macht die antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München aufmerksam.

Michael „Mike“ K. tritt augenscheinlich seit dem 12. April öffentlich auf Facebook als „Mobiles Tattoo Studio“ auf. Am 16. Mai kündigt er eine Demonstration in Kempten „Gegen die Überfremdung unserer Heimat“ an. Dazu schreibt er: „Deutsche zu erst Asyl Flut stopen“. Zwei Tage später gründet er die Online-Gruppe „Allgida Kempten“. Daraus, wes Geistes Kind er ist, macht er keinen Hehl. Unter die Behauptung, „asilanten“ nähmen einem alles weg postet „Mike“: „Deswegen sage ich das, das viehzeug ausgerottet gehört heil heil heil“ und gibt an, sowohl die AfD als auch die NPD gut zu finden. Für eine ähnliche Wortwahl wurde Pegida-Gründer Lutz Bachmann wegen Volksverhetzung verurteilt. Bachmann verunglimpfte Geflüchtete als Viehzeug – ohne Vernichtungsphantasien auszusprechen.

„Allgida Division Kempten“ ©Screenshot
„Allgida Division Kempten“ ©Screenshot
„Allgida Division Kempten“ - Schlagring ©Screenshot
„Allgida Division Kempten“ – Schlagring ©Screenshot

Auch sonst hält er sich nicht zurück: „scheiss ferfickte muder fucker ich grig euch alle“. Er posiert im „Nationaler Widerstand“-Shirt vor einer schwarz-weiß-roten Fahne und trägt einen Schlagring in seiner geballten Faust. Auf dem Hals hat er „Keine Gnade“ tätowiert. Auch das Bild zur Demonstration schmücken die Umrisse des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 in schwarz-weiß-rot. Zwei Tage nach Ankündigung der Demonstration verweist er auf eine neu erstellte Seite „Allgida Kempten“. Er findet den Thüringer Pegida-Ableger „Thügida“ gut und versucht, in dessen Kreisen für seine eigene Veranstlatung zu mobilisieren.

Redner zur Allgida Demo „Asyl stopen“ in Kempten ©Screenshot
Redner zur Allgida Demo „Asyl stopen“ in Kempten ©Screenshot

K. kündigt sich selbst und Viktor Seibel als Redner für die Versammlung an. Die Frankfurter Rundschau bezeichnet Seibel als Neonazi und berichtet, dass dieser über einen Sicherheitsdienst in einer Unterkunft für Geflüchtete eingesetzt war. Nachdem seine rechtsextremen Aktivitäten auffielen, wurde er entlassen. Das teilte ein Sprecher des niedersächsischen Innenministerium der Zeitung mit. Weiter heißt es: „Seibel ist seit geraumer Zeit ein gefragter Redner in der rechten Szene bundesweit – er trat bei Kundgebungen von Pegida-Ablegern genauso auf wie bei der NPD. Zuletzt sprach er kürzlich beim flüchtlingsfeindlichen ‚Fackelmarsch‘ in Wetzlar.“

Die Facebook-Veranstaltung wird – obwohl die zuständige Behörde die Versammlungsanzeige auf Anfrage bestätigt – nach zwei Tagen am Abend des 18.5. bereits wieder gelöscht, Von offizieller Seite wird versucht, den Anmelder von einer Terminverschiebung zu überzeugen, da am fraglichen Tag ein Stadtfest stattfindet. Der Facebook-Auftritt „Allgida Kempten“ bleibt vorerst bestehen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Seite 13 „Gefällt mir“ Angaben und die Veranstaltung Zusagen im einstelligen Bereich. Bleibt es dabei, stellt der neuste Pegida-Ableger das Scheitern seines Vorgängers als Rohrkrepierer noch in den Schatten.

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„Sommer, Sonne, NPD“

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„Sommer, Sonne, NPD« Murnau ©Screenshot
„Sommer, Sonne, NPD« Murnau ©Screenshot

Erneut veranstaltete der Neonazi Matthias Polt einen Redner- und Liederabend für seinen NPD-Berzirksverband Oberbayern in seinem Szeneladen “Versand der Bewegung” in Murnau. Für Gäste sorgen sollten die Reden von Sascha Roßmüller und Baldur Landogart, der seit kurzen Beisitzer im Bundesvorstand der NPD ist. Als Musiker wurde “Lunikoff” angekündigt. Das Motto: “Sommer, Sonne, NPD”.

Zur Veranstaltung am 18.5. reisten laut Polizei zwischen 50 und 60 Rechtsextreme an. Die Veranstalter sprechen von »genau 72« Besuchern und bezeichnen den Tag als eine “tolle und erfolgreiche Veranstaltung”, obwohl sie ausnahmsweise nicht am Wochenende stattfand. Damit wäre der Trend zu wieder mehr Besuchern ungebrochen. Vermeldete die Polizei zur “Weisse Weihnacht” 2014 nur 15 NPD-Anhänger, waren es im Folgejahr bereits 30 bis 40.

Polt posiert mit Landogart vor seinem Laden in Murnau
Polt posiert mit Landogart vor seinem Laden in Murnau

Ausgerichtet wurde der Abend erneut in einem Anwesen am Burggraben in Murnau am Staffelsee. Der Vorsitzende des oberbayerischen Bezirksverbands der NPD Matthias Polt betreibt hier seinen „Versand der Bewegung“. Der Laden wird als Anlaufpunkt der Szene in der Region genutzt.

Der als Musiker angekündigte “Lunikoff”, kennt den Veranstaltungsort. Auf dem Weg zum letztjährigen Liederabend am 6.7.2015 wurde Michael Regener, wie der ehemalige Sänger der als kriminelle Vereinigung verbotenen Neonaziband “Landser” mit bürgerlichem Namen heißt, in Murnau festgenommen. Er führte einen als Taschenlampe getarnten Elektroschocker mit sich.

„Sommer, Sonne, NPD“: Innenansichten ©Screenshot
„Sommer, Sonne, NPD“: Innenansichten ©Screenshot

Baldur Landogart ist laut “blick nach rechts” tellvertretender Bezirksvorsitzender der NPD Oberbayern und seit Ende November 2015 auch Beisitzer im Bundesvorstand der Nationaldemokraten. Die “antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München” verwieß bereits im letzten Jahr darauf, dass es sich bei ihm um Tobias Sch. aus Traunstein handelt.

Roßmüller bekleidete diverse hohe Ämter in der Bayern- und Bundes-NPD und war Mitarbeiter der sächsischen Landtagsfraktion der Partei. Heute ist er nurmehr im Vorsitz des Landesverbands in Bayern. Der Neonazi war Gründungsmitglied des 1993 verbotenen »Nationalen Block«. Außerdem war er Teil der Führungsriege der »Bandidos« in Regensburg.

Der Ladenbetreiber muss häufig über Sachbeschädigungen am Gebäude und dem Sortiment klagen und ist daher nach eigenen Angaben auf Spenden angewiesen.

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„Leipzig aufräumen, befreien von Asylanten und Antifa“

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„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenphoto
„Oldschool Society“ (OSS) Gruppenfoto (Screenshot)

Am 1. Juni, dem 4. Tag im Prozess gegen die mutmaßliche terroristische Vereinigung „Oldschool Society“ wurde die Beweisaufnahme eröffnet. Der „Präsident“ der Gruppe wollte zunächst nicht weiter aussagen. Sattdessen wurden Erkenntnisse der Verfassungsschutzämter durch den Staatsschutzsenat des OLG München eingeführt. Daraus geht hervor, dass die Gruppe aus mehr als den Angeklagten bestanden haben muss. Offenbar sitzt nicht einmal die gesamte Führungsriege auf der Anklagebank. So etwa der „Sprengmeister“ der Gruppe, Kevin L. Ein Gespräch zwischen ihm und der Angeklagten Denise Vanessa G. lieferte dem Bundesamt für Verfassungsschutz entscheidende Hinweise für tatsächliches Verüben von Anschlägen – kurz darauf soll er ausgestiegen sein.

Zunächst führte das Gericht statt der geplanten Befragung des Andreas H. eine Erkenntnismitteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz ein, durch die die Bundesanwaltschaft erstmals über die Aktivitäten der „Oldschool Society“ in Kenntnis gesetzt worden sei. Demnach ging das Bundesamt davon aus, dass eine rechtsterroristische Gruppierung mit 15 bis 20 Mitgliedern gegründet wurde, um in den „bewaffneten Kampf gegen Salafisten“ zu treten und Sprengstoffanschläge zu begehen. So sei es beim ersten Treffen der Gruppe am 15. November 2014 bei Borna besprochen worden, ohne jedoch konkrete Anschlagsziele zu nennen.

Erst aufstacheln …

Das holte Kevin L. im Gespräch mit Denise Vanessa G. Ende Dezember 2014 nach: „Da werden Pläne geschmiedet […] Wir zünden Asylantenheime an und am Ende verschwindet das Gespräch im nichts und nichts ist passiert.“ Im Januar 2015 wolle sie daher mit Kleingruppen aktiv werden und gegen geeignete „Objekte“ vorgehen. „Wer dann nichts macht, fliegt definitiv raus.“ Auch L. dauerten nach dem Bericht des Geheimdienstes die Planungen der „OSS“ zu lange. „In Limburg die Moschee, die mache ich alleine flach“ und „wenn da ein Molli rein fliegt, dann ist Ruhe“, soll er demnach zu G. gesagt haben. Diese pflichtete bei. Wenn das auch „Kleinzeug“ wäre, könne man das schon machen. Er hätte das bereits zwei Monate zuvor tun wollen, aber keiner hätte mitziehen wollen. Womöglich spielte er dabei auf das erste Treffen der Gruppe an. Er benannte laut rheinland-pfälzischem Verfassungsschutz zudem drei „Asylantenheime“ in seiner Nähe. In diesem Zusammenhang soll G. noch geäußert haben, es gebe drei oder vier in der „OSS“, die jemanden umbringen würden, wenn es darauf ankäme.

… und dann aussteigen?

OSS Oldschool SocietyEin ebenfalls am 4. Verhandlungstag in das Gerichtsverfahren eingeführter Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz ordnet Kevin L. als „Sprengmeister“ der Führungsebene der Gruppe zu. Im Gegensatz zu Denise Vanessa G., die den Titel in ihrer ersten Vernehmung nach der Festnahme bestätigte, sitzt dieser aber sonderbarerweise nicht auf der Anklagebank. Im Januar 2015 soll der Rheinland-Pfälzer gemeinsam mit seiner Frau Janine den Austritt aus der Gruppe erklärt haben – offenbar noch bevor mit seiner Kameradin G. angedeutete Anschläge zur Ausführung gebracht werden konnten. Der Bericht des Landesamtes charakterisiert Kevin L. als „überzeugten Neonazi mit erhöhter Gewaltbereitschaft“. In der OSS besäßen drei Personen einen kleinen Waffenschein, man wolle sich aber „scharfe Knarren“ besorgen und „Leipzig aufräumen, befreien von Asylanten und Antifa.“

„Konkrete Vorbereitungen“

Auch im Januar gaben dann laut Mitteilung des Bundesamt der „Pressesprecher“ der Gruppe Olaf O. und sein „Präsident“ Andreas H. am Telefon vor, jeweils bereits Brandstiftungen begangen zu haben. Unmittelbar danach folgte ein ausführliches Gespräch über die Beschaffung von Schusswaffen im Ausland. Seit März 2015 besitze Kevin L. laut dem Inlandsgeheimdienst des Landes Rheinland-Pfalz einen 9mm Revolver.

„Spätestens am 1. Mai 2015 begannen“, so die Anklage, „konkrete Vorbereitungen zur Begehung eines Sprengstoffanschlags auf eine bewohnte Asylbewerberunterkunft“. Denise Vanessa G. reiste mit ihrem Lebenspartner und Mitangeklagten Markus W. nach Tschechien und erwarb Sprengkörper, die sie illegal über die Grenze transportierten.

„Wenn man das so hört, klingt das nach Terror“

Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe
Morddrohungen gegen konkurrierende Nazigruppe ©Screenshot

Als erste Zeugin war die 25jährige BKA-Beamte H. zum 4. Prozesstag geladen. Sie habe Denise Vanessa G. wenige Stunden nach ihrer Festnahme am 6. Mai 2015 vernommen. Damals versuchte sie auch zunächst den Zweck der Gruppe herunterzuspielen. Der bestünde in der Pflege von Denkmälern, Spielplätzen und Grabmälern. Sie musste aber einräumen, dass das nicht zum Inhalt der Chatverläufe und nicht zur Außendarstellung der Gruppe passe. Gewalt aber sei ständig ein Thema in der Gruppe gewesen. „Gegen Ausländer. Darum gehts ja ständig. Aber mir fällt nichts ein, was man machen dürfte“. Das Gericht gibt Denise Vaness G.s Aussagen ausführlich aus dem Vernehmungsprotokoll wieder. Man habe die Idee gehabt, „mal Asylantenheim anzünden und von denen wen schnappen“. Das sei aber illegal. Sie bejahte gegenüber der Vernehmungsbeamten, dass sie nur die deutschen Gesetze von entsprechenden Taten abhielten. Die Intention, die von der Angeklagten mitbesprochene Nagelbombe beim geplanten Treffen am Wochenende nach den Festnahmen zum Einsatz kommen zu lassen, wies sie von sich. Bei anderen Mitgliedern aber könne sie sich vorstellen, dass die „das ziemlich lustig finden.“ Weiteren Vorwürfen entgegnete die Beschuldigte: „Wenn man das so hört, klingt das nach Terror.“

Der „Präsident“ Andreas H. indes wollte die Fragen der Bundesanwaltschaft nicht wie angekündigt beantworten. Sein Rechtsanwalt Michael Rosenthal möchte, dass er vor weiteren Einlassungen zu vorgeworfenen Anschlagsplanungen die entsprechenden Aktenteile studiere und weitere diesbezügliche Aussagen mit ihm abspreche.

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Protest gegen die AfD –„für ein weltoffenes Allgäu“

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Proteste gegen AfD in Lindberg am 13.7.2016
Proteste gegen AfD in Lindberg am 13.6.2016

Mit etwa 300 Besuchern konnten AfD-Bundessprecherin Frauke Petry und Landeschef Petr Bystron im Löwensaal der Stadt Lindenberg im Allgäu weniger Gäste als erwartet begeistern. Dafür zogen sie bei weitem mehr Gegner als erwartet an. Etwa 700 Personen trafen sich zu Kundgebung, Demonstration und Blockadeversuchen.

Für den 11. Juni lud der Kreisverband Lindau-Kempten-Oberallgäu der AfD zu einem Auftritt der Budessprecherin ihrer Partei Frauke Petry in den Löwensaal der Stadt Lindenberg. Der bayerische Landesvorsitzende Petr Bytron und der Vorsitzende des lokalen Kreisverbandes sprachen ebenfalls. Trotzdem „aus Sicherheitsgründen“ nur eingelassen wurde, wer sich im Vorfeld mit Name und Anschrift registrieren ließ, blieben einige Stühle leer und die Besucherzahlen mit nur 300 Gästen hinter den Erwartungen zurück. Beim Auftritt in der 11.000-Einwohner-Stadt musste die Partei keine peinlichen Gäste aus der neonazistischen Rechten wie im Münchner Hofbräukeller beklagen. Für die Durchsuchung und Vorkontrolle wurde der „DSSD Sicherheitsdienst“ aus Pfullendorf engagiert, im Saal war zusätzlich eine Vielzahl AfD-eigener Ordner eingesetzt.

Bereits vor Einlass um 14 Uhr postierten sich einige AfD-Kritiker direkt vor dem Eingang des Löwensaales, um gegen den Auftritt von Frauke Petry zu demonstrieren. Ohne die bereits anwesenden Protestierenden zu entfernen sperrte die Polizei kurz darauf den Bereich unmittelbar vor dem Eingang des Veranstaltungssaales für AfD-Kritiker. Diese sammelten sich nunmehr an den Sperrpunkten und empfingen die Besucher der AfD-Veranstaltung lautstark protestierend – für die AfD ein »Speißrutenlaufen vor dem Saal« (Fehler im Original). Laut Augenzeugen wurden dadurch sogar einige Interessierte dazu bewegt, die Veranstaltung doch nicht zu besuchen.

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Gleichzeitig begann unter dem Motto „Lindenberg bleibt bunt! Gemeinsam gegen Rassismus und Rechtspopulismus“ um 14:30 eine erste Kundgebung von SPD, Jusos und Grünen auf dem Stadtplatz unweit des Löwensaales. Anschließend umkreiste eine Demonstration den Veranstaltungsort der AfD. Lautstark umrundeten die AfD-Kritiker den Veranstaltungsort der Partei zwei Mal, was zeitweise bis in den Löwensaal hinein zu vernehmen war, ohne allerdings eine Störung der Versammlung darzustellen. Hierzu eingeladen hatten einige antirassistische Gruppen, darunter die „Initiative gegen Rassismus Westallgäu“, das „Antirassistische Jugendaktionsbür“ im react!OR und „Gegen Rassismus im Allgäu und sonstwo“. Unter dem Motto „Kein Platz für Rassismus – Grenzenose Solidarität statt rechter Hetze“ positionierte sich der Aufruf mit folgenden Worten „für ein weltoffenes Allgäu“.

„Anstatt […] die unzureichenden Vorkehrungen zur Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten und die katastrophalen Bedingungen an den EU-Außengrenzen und in vielen Erstaufnahmeländern der EU zu kritisieren, richtet die AfD ihre Propaganda gegen eben jene Menschen, die in ihren Herkunftsländern, auf der Flucht und auch in der BRD bereits genug Leid erfahren mussten. Es ist aus unserer Sicht ein Fehler, dass die Lindenberger Stadtverwaltung der AfD ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen will und damit eine Plattform für ihre rassistische Stimmungsmache bietet. Dass auf dieser Veranstaltung nun ausgerechnet Frauke Petry auftreten soll, die mit ihrer Forderung nach einem Schießbefehl an deutschen Grenzen für bundesweites Aufsehen gesorgt hat, verschärft diese Problematik noch zusätzlich. […] Bei uns gibt es genug Platz für geflüchtete Menschen, nicht aber für rassistische Hetze.“

In einem Offenen Brief kritisierte die „Initiative Gegen Rassismus Westallgäu“ die Stadtverwaltung dafür, den Löwensaal zur Verfügung zu stellen. Die Partei schüre „mit ihren populistischen Äußerungen eine gefährliche rassistische Grundstimmung“ und biete somit einen „fruchtbaren Nährboden“ für Gewalttaten wie die Brandaschläge in Marktoberdorf und Kaufbeuren. Wenn man den Auftritt schon nicht verhindern könne, solle man als Stadtverwaltung wenigstens „ein deutliches AfD- und rassismuskritisches öffentliches Statement in Erwägung ziehen.“ Eine Reaktion erhielt die Initiative, wie ein Mitglied erklärt, nicht. Im Interview mit der Lokalzeitung hält Lindenbergs Bürgermeister Eric Ballerstedt dagegen, es gäbe keine gesetzeskonforme Lösung, den Saal nicht an eine zugelassene Partei zu vermieten. „Das Podium und die Aufmerksamkeit haben andere geschaffen“, sagt er und spielt damit offenbar auf die Gegenproteste an.

„Ohne nennenswerte Störungen“ verlief der Tag laut Polizei. Diese hielt den Demonstrationszug mehrmals an und fertigte Videoaufnamen der Versammlung. Zur Erklärung wurde angeführt, es läge der Anfangsverdacht auf Straftaten vor. Nach Beendigung der Versammlungen hieß es dann, die Aufnahmen seien gelöscht worden, weil sich der Verdacht jeweils nicht bestätigt hätte. Allerdings ermittelt die Polizei gegen Unbekannt. Einige Tage vor dem Auftritt von Frauke Petry wurde in Lidenberg ein Handzettel in Briefkästen eingeworfen, auf dem die Bürger Lindenbergs dazu aufgerufen wurden, die öffentliche Parkplätze um den Löwensaal zu beparken um zu zeigen, „dass sie keine rechte Hetze in ihrer Stadt dulden.“ Als Verantwortlicher für den Aufruf wurde ein lindenberger AfD-Mitglied benannt, das für die Organisation der Veranstaltung mit Frauke Petry verantwortlich ist. Dieses hat Anzeige erstattet, weswegen nun wegen Urkundenfälschung ermittelt wird.

Während eines der Redebeiträge wurde darauf hingewiesen, dass sich in Kempten erneut eine rassistische Bewegung zu etablieren versucht. Nachdem „Allgäuer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ („Allgida“) bereits einmal scheiterten, kündigte ein Tätowieren ohne Studio vor einem Monat an, es als „Division Kempten – Nationaler Widerstand“ erneut zu versuchen. Er wollte als „Allgida Kempten“ unter dem Motto „Deutsche zu erst Asyl Flut stopen“ durch Kempten marschieren und kündigte als Redner die Neonazis Viktor Seibel und Daniel Köckert an. Nachdem der Verfassungsschutz die Überwachung des Projekts begann und Antifaschisten gegen das Event zu mobilisieren begannen, zog der Initiator seine Ankündigung auch mit Verweis auf Antifaschistische Aktivitäten zurück – ohne dass Antifaschisten tatsächlich agieren mussten. Trotzdem wird weiter zu Gegenaktivitäten aufgerufen: „Jetzt erst recht! Allgida? Nein Danke!“. Weiterhin sei die Gefahr Rechter Kundgebungen und Demonstrationen durch „Allgida“ oder andere Gruppierungen nicht gebannt. Um für eine möglicherweise überraschende Neuanmeldung gerüstet zu sein wird vorerst für den zuletzt von „Allgida“ angekündigten Termin der „Allgida“ am 2.7.2016 mobilisiert. Nach eigenen Angaben ist der Gründer der Gruppierung zwar ausgestiegen, sie würde jedoch weiter von „guten Patrioten“ geführt.

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„Sonnwendfeier“ in Scheune fliegt auf

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NPD-„Sonnwendfeier“ am 18.6.16 in Tiefenbach © S. Lipp
NPD-„Sonnwendfeier“ am 18.6.16 in Tiefenbach

Wie im letzten Jahr veranstaltete der Kreisverband Neu-Ulm/Günzburg der NPD am 18.6. sein Sommerfest in einer Scheune bei Illertissen. Trotz aller Konspirativität – die Gäste wurden über einen Schleusungspunkt an der Autobahn zur Veranstaltung geleitet – gelang es den über 50 Neonazis nicht unentdeckt zu bleiben.

Sonst Stellplatz für landwitschaftliches Gerät: Die von der NPD genutzte Scheune bei Tiefenbach
Sonst Stellplatz für landwitschaftliches Gerät: Die von der NPD genutzte Scheune bei Tiefenbach

Direkt am Entwässerungsgraben, wenige hundert Meter östlich vom Illertissener Ortsteil Tiefenbach im schwäbischen Landkreis Neu-Ulm, liegt die Scheune eines örtlichen Landwirtes. Das Gebäude, das dieser sonst als Unterstand für landwirtschaftliches Gerät nutzt, stand bereits im vergangenen Jahr für das Sommerfest der NPD zur Verfügung. Zur diesjährigen „Sonnwendfeier“ begrüßte dort der Kreisvorsitzende Stefan Winkler seine über 50 Gäste. Für deren Unterhaltung sollten erneut der braune Liedermacher Frank Rennicke und als Redner Sascha Roßmüller sorgen. Wohl um sich familienfreundlich präsentieren zu können, errichtete man eine Hüpfburg für die Kinder. Abends wollten die extremen Rechten gemeinsam am Lagerfeuer sitzen.

NPD-„Sonnwendfeier“ am 18.6.16 in Tiefenbach © S. Lipp
NPD-„Sonnwendfeier“ noch im Aufbau – „Voice of Anger“ ist schon dabei

Die NPD im Bezirk Schwaben tritt jüngst vermehrt mit Aktivitäten an die Öffentlichkeit. Am 28.10.2015 etwa versuchten 20 der Neonazis einen Vortrag der Grünen-Politikerin Claudia Roth in Tannhausen im Landkreis Günzburg mit „rassistischen und provozierenden Fragen“ zu stören und die Diskussion zu dominieren. Während eines Infostandes des NPD-Kreisverbandes wenige Tage später in Blaubeuren fuhr der städtische Bauhof zur „spontanten Leistungsschau“ auf. Rund 50 Nazigegner begleiteten die Szenerie. Weihnachten will die NPD über 100 Besucher zum „Kerzenabend“ in Memmingen gelockt haben. Am 9.3.2016 waren Mitglieder des Bezirksverbandes zu Gast auf einem Vortrag des Kreisverbandes Unterallgäu/Memmingen der AfD in Babenhausen zu „Merkels Asylpolitik“. Der Inhalt war dabei so angelegt, dass Winkler seine Zustimmung formulieren konnte, wenn er auch die Parteispitze stellenweise zu lasch finde. Auch Mitglieder von „Voice of Anger“ und andere Neonazis waren im Saal anzutreffen.

NPD-„Sonnwendfeier“ am 18.6.16 in Tiefenbach © S. Lipp
Stefan Winkler spricht, Hinter ihm Anhänger von „Voice of Anger“

Auch zur „Sonnwendfeier“ am Samstag zeigten sich die Überschneidungen und Sympathien der verschiedenen Szenen in Schwaben. Unter den Gästen in Tiefenbach befanden sich auffällig viele Skinheads. Mit dabei: Mitglieder von der neonazistischen „Voice of Anger“ (VoA). Die Skinheadkameradschaft ist noch immer eine der größten aktiven ihrer Sorte in Bayern.

Stefan Winkler wurde diesen April als Bezirksvorsitzender der schwäbischen NPD bestätigt, womit er diese nach eigener Darstellung seit zehn Jahren anführe. Der ehemalige Gartenmarktverkäufer ist zudem Vorsitzender in seinem Kreisverband Neu-Ulm/Günzburg. Neben seinem Engagement für die „Nationaldemokraten“ betreibt er im Nebenerwerb ein Imkergewerbe im 2012 erbauten Einfamilienhaus am Rande eines Neubaugebietes in Holzheim bei Neu-Ulm.

NPD-„Sonnwendfeier“ am 18.6.16 in Tiefenbach © S. Lipp
NPD-„Sonnwendfeier“ am 18.6.16 in Tiefenbach

Roßmüller bekleidete diverse hohe Ämter in der Bayern- und Bundes-NPD und war Mitarbeiter der sächsischen Landtagsfraktion der Partei. Heute ist er stellvertretender Landesvorsitzender in Bayern. Der Neonazi war Gründungsmitglied des 1993 verbotenen „Nationalen Block“. Außerdem war er zeitweise Teil der Führungsriege der inzwischen aufgelösten „Bandidos“  Regensburg. Dieses Chapter hat sich inzwischen allerdings aufgelöst.

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„Allgida“ reloaded?

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„Allgida“: Neonazis demonstrieren in Obergünzburg
„Allgida“: Neonazis demonstrieren in Obergünzburg

Beim ersten Versuch der Etablierung eines Pegida-Ablegers im Allgäu entpuppte sich „Allgida“ dank antifaschistischer Intervention Anfang des Jahres als Rohrkrepierer. Beim zweiten Versuch durch einen selbstständigen Tätowierer als selbsernannter „Division Kempten – Nationaler Widerstand“ war das nicht einmal nötig: Das Projekt „Allgida Kempten“ scheiterte an sich selbst und sagte die geplante Versammlung am 2.7. ab. Nazigegner mobilisieren trotzdem weiterhin zur Demonstration „Kein Platz für Rassimus“ an diesem Tag. Nun wollen es die Initiatoren der ersten „Allgida“ nochmal wissen und locken ihr Klientel zu Störaktionen – und kolportieren „schwere Unruhen“ durch gewaltbereite Nazigegner „mit Rohrbomben oder Schusswaffen“.

„Allgida“ 1.0 …

Im Februar mobilisierten Neonazis rund 150 Rechte zu einer unangemeldeten Kundgebung in die südbayerische Provinz Allgäu. Auf dem Marktplatz der Gemeinde Obergünzburg im Landkreis Ostallgäu wurden sie bereits von Antifaschisten erwartet, deren spontante Gegenkundgebung schnell auf etwa 50 Teilnehmer anwuchs. Mit einem Banner mit der Aufschrift „Rassismus aus den Köpfen – Nazis von der Straße jagen!“ stellten die sich dem Aufmarsch der teils bewaffneten und vermummten Neonazis entgegen. Unter den Rechten befanden sich Anhänger von „Voice of Anger“ und der lokalen NPD – aber auch „AfD, AfD, …“ wurde skandiert. Trotzdem der Aufmarsch der „Allgida“ lange im Vorfeld angekündigt wurde, war die Polizei hoffnungslos unterbesetzt. Sie konnte weder die Versammlung auflösen noch Personalien feststellen. So musste sie wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz gegen Unbekannt ermitteln. Offenbar wurde mehrmals der Hitlergruß gezeigt. Zum Schluss wurde gedroht: „Wir kommen wieder!“

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Eine Woche später zeigten 1500 Menschen den Rassisten, dass sie in der Marktgemeinde mit 6000 Einwohnern unerwünscht sind und hielten einen „Lichterzug“ unter dem Motto „Hand in Hand für Menschlichkeit“ ab. Ein Vertreter der Bürgerschaft stellte während der Abschlusskundgebung einen Bezug der „Allgida“-Versammlung zum historischen Nationalsozialismus her indem er unterstrich, er wolle sich „klar von Fackelzügen distanzieren, deren Bezug zur Nazizeit unverkennbar ist. Und wir distanzieren uns von den simplen Wahrheiten einiger Schreihälse.“

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… als Rohrkrepierer

Ihren zweiten Aufmarksch plante die „Allgida“ offenbar am 12.3. und mobilisierte nach Aitrach im Landkreis Ravensburg. So interpretierten Antifaschisten und die Polizei einen kryptischen Aufruf auf Facebook, der von 600 Teilnehmern phantasierte. Die Polizei, die bereits im Vorfeld stark vertreten war, und etwa 60 Nazigegner „besetzten“ den Ort, die Rassisten ließen sich nicht blicken. Statt dessen behaupteten die Neonazis einen stillen „Fackelmarsch“ durch Aitrang im Landkreis Ostallgäu. Falls dieser stattgefunden haben sollte – wofür nichts spricht – war dieser derart still, dass in Aitrang offenbar kein Mensch Notiz davon nahm.

Allgida bleibt aus

Einen vorerst letzten letzten Anlauf unternahm die „Allgida“ am 19.3. gegen eine antirassistische Demonstration. „Hand in Hand gegen Rassismus“ demonstrierten etwa 450 Personen am 19.3. durch die Kemptener Innenstadt, „weil jeder Mensch das Recht hat, egal wo er leben möchte leben darf“, wie es eine Teilnehmerin ausdrückte. „Allgida“-Kreise riefen „zur Gegendemo auf!!! […] Wir würden uns über ein zahlreiches erscheinen von euch freuen […] Danke Kameraden“. Gesichtet wurde statt einer Gegendemo nur einer der Aufrufenden.

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„Allgida“ 2.0: Alter Wein in neuen Schläuchen

„Allgida Division Kempten“ - Schlagring ©Screenshot
„Allgida Division Kempten“ – Schlagring ©Screenshot

Danach wurde es zunächst still um die Versuche, im Allgäu einen „Pegida“-Ableger zu etablieren – bis sich ein Tätowierer ohne Studio zur „Division Kempten – Nationaler Widerstand“ aufspielte und zunächst für den 25.6., dann für den 2.7. eine Demonstration „Deutsche zu erst Asyl Flut stopen“ ankündigte. Michael Kleemann tritt augenscheinlich seit dem 12.4. öffentlich auf Facebook als „Mobiles Tattoo Studio“ auf. Am 16.5. kündigte er dort eine Demonstration durch Kempten „Gegen die Überfremdung unserer Heimat“ an. Wenige Tage darauf gründete er online seinen eigenen Pegida-Ableger „Allgida Kempten“, der fortan zur Mobilisierung genutzt wurde. Auf selbst veröffentlichten Bildern droht er mit einem Schlagring in seiner geballten Faust vor einer schwarz-weiß-roten Fahne. In den selben Farben werden die Umrisse des des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 in einem Bild zur Demonstration dargestellt. Am Hals trägt der 37-jährige ein Tattoo „Keine Gnade“. Auf Facebook lässt sich nachlesen, dass er sowohl die NPD als auch die AfD mag. Weil „asilanten“ einem alles weg nähmen meint er, „das, das viehzeug ausgerottet gehört heil heil heil“. Damit hat er sich ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingehandelt. Auch wegen anderer Delikte wird gegen ihn ermittelt.

„Allgida Division Kempten“ ©Screenshot
„Allgida Division Kempten“ ©Screenshot

Nachdem der Störungsmelder den neuen Versuch bekannt machte, einen Pegida-Ableger im Allgäu zu gründen, verkündete der Bayerische Verfassungsschutz die Beobachtung der Gruppe. Eine Initiative gegen Rassismus teilte außerdem mit, gegen den rechten Aufmarsch demonstrieren zu wollen. Am 16.6. ließ der als Servicekraft tätige Kleemann dann via Facebook wissen, er trete als „erster Vorstand“ der „Allgida Kempten“ zurück und sagte die Versammlung ab. Er stellte dabei einen Bezug zu den angekündigten Gegenaktivitäten her. Telefonisch gibt Kleemann er zu verstehen, sein Rücktritt sei nur „vorläufig“ und meint, zu den nächsten Stadtratswahlen als „Allgida Kempten“ antreten zu wollen.

„Allgida“ reloaded?

Rechtschreibschwierigkeiten bei einem Anhänger von „Voice of Anger“... ©Screenshot
Rechtschreibschwierigkeiten bei einem Anhänger von „Voice of Anger“… ©Screenshot
... und Kleemann's Studio ©Screenshot
… und Kleemann’s Studio ©Screenshot

Daraufhin wurde die „Allgida“, die ursprünglich nach Obergünzburg mobilisierte online wieder aktiv. Seit dem 22.6. wird dort mit Horrorszenarien gedroht. Man befürchte „Plünderungen“ und „schwere Unruhen“. Nazigegner könnten am 2.7. „mit Rohrbomben oder Schusswaffen in Kempten auftreten.“ Es hätten „diverse Gruppen“ der Rechten ihr Erscheinen angekündigt, darunter: „“German Defence League“, „Identitäre Bewegung Allgäu“, „HoGeSa Ulm / Neu-Ulm“, „Freikorps – JS“, diverse Rocker, PEGIDA-Aktivisten, und natürlich auch Anhänger und Aktivisten diverser bekannter Parteien.“ Gemeint sein dürfte genau jenes Klientel, dass bereits zur ebenso unangemeldeten Versammlung in Obergünzburg erschien. Die Polizei will diesmal allerdings angemessen vorbereitet sein.

„Etz isch g’stuhlet!“

Aufkleber in Kempten „Allgida? Nein danke“ © S. Lipp
Aufkleber in Kempten: „Allgida? Nein danke“ © S. Lipp

Unter dem Motto „Etz isch g’stuhlet! (Hochdeutsch: Es reicht!)“ rufen Antifaschisten weiter zur Demonstration „Kein Platz für Rassismus“ auf. Sollten „Allgidas“ tatsächlich versuchen durch Kempten marschieren, werde man sich ihnen „entschlossen entgegenstellen“. Geplant ist kommenden Samstag eine Demonstration ab 14 Uhr vom August-Fischer-Platz in Kempten abzuhalten.

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„Allgida“: Alter Wein wird Essig

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Demo gegen „Allgida“ am 2.7.16 in Kempten © S. Lipp
Demo gegen „Allgida“ am 2.7.16 in Kempten © S. Lipp

An den großspurigen Ankündigungen der beiden Allgäuer Pegida-Ableger, diverse Neonazigruppen vergangenen Samstag nach Kempten zu schaffen, scheiterten diese zum wiederholten Mal. Aus der Demonstration „Deutsche zu erst Asyl flut stopen“ wurde nichts, Störaktionen gegen die vermeintlich „schwer bewaffnet“ mit „Rohrbomben“ marodierend durch Kempten ziehende Demonstration „Allgida? Nein danke – Kein Platz für Rassismus“ blieben aus. Stattdessen zeigten 300 lautstark Flagge gegen rechte Hetze. Die Hetzer indes bereiten sich auf ihren nächsten Flop vor – nur diesmal auf noch höherem Niveau.

Der Rohrkrepierer

„Allgida“: Neonazis demonstrieren in Obergünzburg
„Allgida“: Neonazis demonstrieren in Obergünzburg

Im Februar mobilisierten Neonazis als „Allgida“ etwa 150 teils bewaffnete und vermummte Hetzer nach Obergünzburg in Schwaben. 50 Nazigegner stellten sich ihnen direkt in den Weg, 1500 waren es eine Woche später. Die gezeigten Hitlergrüße waren den Repressionsbehörden, die damals trotz offener Mobilisierung kaum Präsenz zeigten, wohl nicht eindeutig genug. Wegen der anderen Delikte laufen die Ermittlungen noch. Damals wurde gedroht: „Wir kommen wieder!“ Jedoch entpuppte sich „Allgida“, der erste allgäuer Ableger der „Pegida“, schnell als Rohrkrepierer: Die nächsten beiden Mobilisierungen scheiterten, dann wurde es still um „Allgida“.

Alter Wein in neuen Schläuchen

„Allgida Division Kempten“ - Schlagring ©Screenshot
„Allgida Kempten“ – Der Gründer mit Schlagring ©Screenshot

Einen erneuten Versuch unternahm Michael Kleemann als selbsternannter „Nationaler Widerstand – Division Kempten“ und gründete „Allgida Kempten“. Er meldete zunächst für den 25.6. eine Demonstration unter dem Motto „Deutsche zu erst Asyl Flut stopen“ in Kempten an. Kurz darauf verschob er das Event „Gegen die Überfremdung unserer Heimat“ auf den 2.7. Nachdem der Störungsmelder die Pläne öffentlich machte, verkündete der Verfassungsschutz die Beobachtung der extrem rechten Projekte. Die Allgäuer Zeitung lässt sich ein Interview geben: „National, aber nicht rechtsextrem“ – so wird Michael Kleemann dort zitiert. Das Motto „Deutsche zuerst, Invasoren stoppen“ und die Sympathie zur NPD seien nicht Ausdruck einer entsprechenden Gesinnung. Mit Gewalt und der örtlichen Skinhead-Szene habe man nichts zu tun. Stattdessen schütze man Frauen und Kinder vor Flüchtlingen und versorge Obdachlose, die wegen der Geflüchteten nicht mehr ausreichend versorgt würden. Bei den letzten beiden Behauptungen macht sich die Zeitung die Mühe, sie mit gegenläufigen offiziellen Aussagen zu kontrastieren. Gegen die Distanzierung von der extremen Rechten und Gewalt hätte ein einfacher Blick auf das Facebook-Profil der 31-jährigen Servicekraft genügt. Dort droht Kleemann als „Nationaler Widerstand“ mit einem Schlagring vor der Flagge des Deutschen Reiches. Deutschland gefiele ihm wohl in den Grenzen von 1937 am Besten und es läuft unter Anderem ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Kemptener. Auf der Homepage des selbstverwalteten Jugendzentrums in Kempten hieß es zynisch: „Aber wo selbst der Verfassungsschutz keine ausgeprägte neonazistische Ideologie erkennen mag sondern nur ›Hinweise darauf, dass diese Gruppierung Kontakte in die rechtsextreme Szene hat‹ – da kann man doch nicht anspruchsvollere Recherche von einer Lokalzeitung verlangen – oder doch?!“

Gegenwind

Aufkleber in Kempten „Allgida? Nein danke“ © S. Lipp
Aufkleber in Kempten „Allgida? Nein danke“ © S. Lipp

Zuvor meinte die regionale Jugendzeitung „vruzt“ noch, ob es gelänge, „dass dieser neueste Pegida-Ableger das Scheitern seines Vorgängers als Rohrkrepierer noch in den Schatten stellt“, müsse sich an der antifaschistischen Gegenmobilisierung zeigen. Tatsächlich wurde eine Demonstration „Allgida? Nein danke – Kein Platz für Rassismus“ angemeldet. Ein Aufruf kündigte an, man werde sich erneut den Rassisten „entschlossen entgegenstellen“. Jedoch zog „Allgida Kempten“ zurück und behauptete, man werde keine Demonstration am 2.7. veranstalten wollen. Der Gründer Kleemann ziehe sich aus dem Vorstand zurück. Allerdings – so betonte er auf Nachfrage – nur „vorerst“.

„Allgida“ reloaded?

„Allgida“: Gegner mit „Rohrbomben“ und „Schusswaffen“ © Screenshot
„Allgida“: Gegner mit „Rohrbomben“ und „Schusswaffen“ © Screenshot

Darauf wurde die ursprüngliche „Allgida“ online wieder aktiv und drohte mit Horrorszenarien. Man befürchte „Plünderungen“ und „schwere Unruhen“. Nazigegner könnten am 2.7. „mit Rohrbomben oder Schusswaffen in Kempten auftreten.“ Es hätten „diverse Gruppen“ der Rechten ihr Erscheinen angekündigt, darunter: „„German Defence League“, „Identitäre Bewegung Allgäu“, „HoGeSa Ulm / Neu-Ulm“, „Freikorps – JS“, diverse Rocker, PEGIDA-Aktivisten, und natürlich auch Anhänger und Aktivisten diverser bekannter Parteien.“ Gemeint sein dürfte genau jenes Klientel, dass bereits zur ebenso unangemeldeten Versammlung in Obergünzburg erschien.

Alter Wein wird Essig

Allgida? Nein, danke!

Wie bei ihren letzten gescheiterten Mobilisierungen blieben diese aber aus. Stattdessen zeigen laut Polizei etwa 300 Menschen Flagge – gegen „Allgida“ und Rassismus insgesamt. In den Redebeiträgen wurde nicht nur das konsequente Scheitern der beiden allgäuer Pegida-Ableger nachgezeichnet. Ein Redner kritisierte ganz im Sinne des Fronttransparentes „Allgida? – Nein Danke! Gemeinsam gegen Rassismus Sexismus und Homophobie“ die AfD für ihre Mitverantwortung für einen gesellschaftlichen „Rechtsruck“, ein Anderer rief dazu auf, das Integrationsgesetz der bayerischen CSU-Regierung zu verhindern. Antifaschistische Beobachter nahmen nur vereinzelt Rechte im Umfeld der Versammlung wahr.

Und wir scheitern immer schöner…

Michael Kleemann bereitet sich anscheinend darauf vor, auf noch höherem Niveau zu scheitern. Am Telefon gab er an, inzwischen 2800 Unterschriften für die Gründung einer Partei „Allgida Kempten“ gesammelt zu haben. Bei den nächsten Wahlen will er als deren Vorsitzender in den Kemptener Stadtrat einziehen.

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„Voice of Anger“: Neues Clubhaus für Nazi-Kameradschaft

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7.7.16: „Voice of Anger“ wird zur „Gartenschenke“ geführt ©S. Lipp
„Voice of Anger“ wird zur „Gartenschänke“ geführt © S. Lipp

Seit einiger Zeit verdichteten sich die Hinweise, dass der Nazi-Kameradschaft „Voice of Anger“ ein neues Clubhaus zur Verfügung steht. Eine spontane Kundgebung am Donnerstag erwischte die Neonazis dort beim gucken des letzten Spiels der National-Elf – und bestätigte den Verdacht. Glaubt man dem bayerischen Verfassungsschutz, stellen „gemeinsame Freizeitgestaltung“ und Konzertbesuche den Mittelpunkt der Aktivitäten der Vereinigung dar. Tatsächlich stellt dies eine Verharmlosung der immerhin größten Nazi-Skinhead-Gruppe Bayerns dar.

„Voice of Anger“ 2009 auf ihrer Homepage
„Voice of Anger“ 2009 auf ihrer Homepage

Auf dem vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BfV) mitverantworteten Portal „Bayern gegen Rechtsextremismus“ heißt es zur 2002 gegründeten Kameradschaft „Voice of Anger“ (VoA), sie sei „entgegen der sonst rückläufigen Entwicklung in Bayern die größte noch aktive Skinheadgruppierung“ mit etwa 80 Mitgliedern. Allerdings ließt sich die Beschreibung ansonsten eher harmlos: „Im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten steht die gemeinsame Freizeitgestaltung, interne Veranstaltungen und Feiern sowie die Veranstaltung bzw. Besuche von Skinhead-Konzerten.“

Seit ihrer Gründung kämpfen die Neonazis um ein eigenes Clubhaus – bisher konnten sie keines halten. In der letzten Zeit verdichteten sich nun die Hinweise, dass Ihnen ein neues Objekt zur Verfügung steht: Die ehemalige „Gartenschänke“ am Rande der Kleingartenanlage „Hart“ in Memmingen-Buxach an der Talstraße. Nachdem bereits beim Vorhergehenden Spiel der National-Elf mehrere Autos der örtlichen Rechten in der Nähe der Anlage abgeparkt wurden, war davon auszugehen, dass die Neonazis auch gemeinsam das Halbfinalspiel gegen Frankreich am 7.7. ansehen würden. Deshalb führten Antifaschisten spontan eine Kundgebung „Kein Raum für Nazis“ am Gelände durch.

Anhänger von „Voice of Anger“ vor der „Gartenschenke“
Anhänger von „Voice of Anger“ vor der „Gartenschänke“ © S. Lipp

Der Verdacht wurde bestätigt. Die Neonazis reisten geschlossen kurz vor Spielbeginn an, weil sie von der Polizei über die geplante Kundgebung informiert wurden. Die etwas weniger als 30 Rechten wurden über den Hof einer angrenzenden Zimmerei geführt. Der Kleingartenverein Memmingen distanziert sich von den Neonazis. Auf die kürzlich verkaufte „Gartenschänke“ habe der allerdings keinen Einfluss. Kundgebungsteilnehmer machten Anwohner per Flugblatt auf die neuen Nutzer der „Gartenschänke“ aufmerksam.

Unter den Anwesenden waren auch NPD-Anhänger. Umgekehrt nahm „Voice of Anger“ bei der letzten „Sonnwendfeier“ der örtlichen NPD teil, bei der die als Veranstaltungsort genutzte Scheune aufflog. Der Veranstalter der Feier und NPD-Vorsitzende Stefan Winkler besuchte am 9.3. zusammen mit Anhängern seiner Partei eine Veranstaltung der AfD zu „Merkels Asylpolitik“ und formulierte seine Zustimmung. Damals waren auch Mitglieder von „Voice of Anger“ im Saal. Zum letzten EM-Spiel der Deutschen zog es auch Kameraden aus dem Umfeld der Band „Faustrecht“, sowie solche die bei der einzigen geglückten „Allgida“-Aktion dabei waren oder beim jüngsten Scheitern von „Allgida“ im Umfeld der antirassistischen Demo gesehen wurden.

„Allgida“: Neonazis demonstrieren in Obergünzburg
„Allgida“: Neonazis demonstrieren in Obergünzburg

Auch Achim Kast bewegt sich im Umfeld von Voice of Anger. Er kandidierte als Direktkandidat bei der Bundestagswahl 2013 für die NPD, nachdem Kast mit Rudolf Rieger schon 2012 weder in den bayerischen Landtag, noch in den schwäbischen Bezirkstag einziehen konnte. Achim Kast war laut Informationen des Münchner Aida-Archivs Domain-Inhaber und „Hauptaktivist“ der „Kameradschaft Neu-Ulm“ (KSNU), gleichzeitig Pressesprecher für den Neu-Ulmer NPD-Verband und inhaltlich verantwortlich für deren Homepage. Schlagzeilen machte die KSNU, wie Aida weiter berichtet, im Juli 2008 mit einem Angriff auf eine Abi-Party im schwäbischen Nersingen, bei der Teilnahmer von Neonazis als „Judenbüble“ und „Nigger“ worden seien, bevor einer davon eine Gaspistole gezogen habe und einem der Jugendlichen ins Gesicht schoss. Die Polizei erteilte Platzverweise. Aida berichtet weiter, dass die Neonazis Verstärkung holten und erneut zuschlugen:

„Bewaffnet mit Bierflaschen, Holzlatten und Schlagstöcken griffen zehn bis fünfzehn Neonazis die zahlenmäßig unterlegenen Jugendlichen an und verletzten 2 Personen so schwer, das sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die in Ulm erscheinende „Südwestpresse“ und die „Antifaschistische Aktion Ulm/Neu-Ulm“ berichten von blutüberströmten Opfern, mit Schnitten und Platzwunden am Auge, der Lippe und an den Händen. Ein anderer Verletzter habe Hämatome und Kratzer am ganzen Körper davongetragen. Die Angreifer hatten ihn mit Springerstiefeln oder Schlagstöcken traktiert. Im Nachhinein sprechen einige der Jugendlichen von einer regelrechten Hetzjagd: „Die haben mit Autos im ganzen Ort nach uns gesucht“, berichten zwei Zeugen der Lokalzeitung.“

Thomas B. bedroht Journalisten
Teilnehmer bedroht Journalisten

Ein Teilnehmer bedrohte am Donnerstag einen Pressefotografen, als dieser Fotos der Gartenschenke fertigte. Angesichts der hinzutretenden Polizeibeamten wollte er dann doch lieber eine Anzeige versuchen. Das aber wurde zurück gewiesen. Schließlich mache er sich gerade zu einer relativen Person der Zeitgeschichte und müsse sich die Arbeit der Presse gefallen lassen.

„Herzblut Sportclub“: Blood&Honour Shorts ©Screenshot
„Herzblut Sportclub“: Blood&Honour Shorts ©Screenshot

Einer der extrem rechten Fußballfans ist offenbar Kampfsportler im „Herzblut Sportclub“ in Memmingen, wo in „Blood&Honour“-Shorts trainiert wird. „Blood&Honour“ (B&H) ist der Name eines im Jahr 2000 in Deutschland verbotenen internationalen Neonazi-Netzwerk, das mit „Combat 18“ (C18) über einen bewaffneten Arm verfügt. Nach Erkenntnissen von ZDF-Heute sollen 20 Personen aus dem Umfeld des NSU zu B&H gehört haben. Das Landeskriminalamt Thüringen schrieb 1999, das Kerntrio des NSU gehöre „in Jena zum harten Kern der Blood and Honour Bewegung“. Mitglieder des B&H-Netzwerkes waren der Frankfurter Rundschau (FR) nach auch Musiker Rechtsrock-Veteranen „Faustrecht“, die sich nach dem Verbot des Netzwerkes auflöste, seit einigen Jahren aber wieder spielt. Die FR charakterisiert die Band so:

„Faustrecht gehören zu den Veteranen der rechten Skinhead-Szene. 1994 gegründet, waren sie anfangs eine Art Hausband der 1996 verbotenen Skinheads Allgäu. Hetze gegen „zionistische Bastarde“ von der Bühne, Hitler-Grüße und Sieg-Heil-Rufe aus dem Publikum waren an der Tagesordnung. Mehrere CDs der Band sind indiziert.“

Oldschool Records: Sortimentauszug
Oldschool Records: Sortimentauszug (© Screenshots)

Heute wird „Faustrecht“ produziert und vertrieben vom in Bad Grönenbach bei Memmingen ansässigen Platten- und Klamottenproduzenten „Oldschool Records“. Im Sortiment des Neonazi-Versandes finden sich neben Eigen- auch Fremdproduktionen und ein umfangreiches Sortiment neonazistischer Devotionalien, darunter selbst produzierte Textilien. Bei einer Hausdurchsuchung in den Geschäftsräumen von „Oldschool Records“ 2014 stellte die Polizei über 900 Straftaten fest. Später wurden bundesweit 16 Objekte durchsucht, um einen Beschlagnahmebeschluss wegen Verherrlichung des NSU gegen einen bei „Oldschool Records“ erschienen Tonträger des Liedermachers „FreilichFrei“ durchzusezten. Der Geschäftsführer Benjamin Einsieder wird der Führungsebene von „Voice of Anger“ zugerechnet.

Der Beitrag „Voice of Anger“: Neues Clubhaus für Nazi-Kameradschaft erschien zuerst auf Störungsmelder.

Dritte Brandstiftung bei Asylsuchenden in Kaufbeuren

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15.7.16: Kaufbeuren-Neugablonz: Solidemo nach Brandstiftung (© S. Lipp)
15.7.16: Kaufbeuren-Neugablonz: Solidemo nach Brandstiftung © S. Lipp

In der Nacht zum 14.7. wurde im Keller eines Hauses, in dem Asylsuchende untergebracht sind, ein Feuer entfacht. In Kaufbeuren-Neugablonz ist das die dritte Brandstiftung zum Nachteil Geflüchteter in diesem Jahr. Zwei Dutzend Menschen zeigten ihre Solidarität.

Wie die Polizei meldet, wurden am 14.6. Kleidungsstücke im Keller eines Hauses in Kaufbeuren-Neugablonz vorsätzlich in Brand gesteckt. In dem Haus in der Grünwalderstraße sind auch Asylsuchende untergebracht. Der Brand wurde bereits gegen 5 Uhr von Heimkehrenden bemerkt und gelöscht, verletzt wurde niemand. Die Polizei ist sich sicher, dass es sich um Brandstiftung handelt, kennt aber weder Motiv noch Täter. Ein Mitarbeiter des mit der Bewachung des Gebäudes beauftragten Sicherheitsdienstes bestätigt, dass zum fraglichen Zeitpunkt jeder hätte in das Haus gelangen können. Isolde Radler, die Asylsuchende in Kaufbeuren betreut, sagte der Allgäuer Zeitung: „Wir müssen von Brandstiftung und Fremdenfeindlichkeit ausgehen“.

Solidemo

Auch wenn noch nicht klar sei ob es sich im jüngsten Fall tatsächlich um eine rassistisch motivierte Brandstiftung handelte, riefen Antifaschisten zur Solidarität mit den Betroffenen auf. Spontan hielten etwa 25 Personen eine Kundgebung vor dem betroffenen Gebäude in der Grünwalderstraße ab. Auch Hausbewohner beteiligten sich. Zwei Monate zuvor brannte es bereits nur wenige Meter entfernt im Keller eines Gebäudes, in dem ebenfalls Flüchtlinge untergebracht sind. Drei Menschen mussten ins Krankenhaus verbracht werden.

Anschließend zog man wenige Straßen weiter vor das Gebäude, das im Februar durch Brandstiftung unbewohnbar gemacht wurde. Auch hier sollten Geflüchtete untergebracht werden. Nach einer kurzen Zwischenkundgebung zog die Demonstration zum „Neuen Markt“, wo die Solidaritätsbekundung ihren Abschluss fand.

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